Das Waschen und Pflegen von benutzten Fahrradklamotten gehört nicht gerade zu den beliebtesten Beschäftigungen von Radlern. Ganz im Gegenteil: All zu oft wird der stinkende Haufen aus verschiedenen Bekleidungsstücken und Materialien einfach schnell zusammen in die Waschtrommel geschmissen und der Waschvorgang gestartet. Wenn man die Hose, das Trikot oder die Jacke dann am nächsten Tag schon wieder braucht, kommt es noch schnell in den Trockner. Leider führt das genau so schnell zur absoluten Materialermüdung wie etwa eine ungepflegte Kette. Wann, wie oft und womit ihr eure Lieblingsstücke am besten wascht und im Nachhinein behandelt erfahrt ihr hier.
Basics
Grundlegend gibt es ein paar wichtige Verhaltensweisen, welche euch und eure Fahrradklamotten gleichermaßen schützen. Das Motto „Jacke wie Hose“ ist so ungefähr das Ungünstigste, was man seinen Sachen antun kann. Denn vor allem ist es wichtig jedes Kleidungsstück einzeln und für sich zu nehmen. Allein schon der kleine Zettel an den Klamotten, mit den vielen Zeichen, die wir alle nicht so recht zu deuten wissen, lässt ahnen, dass man darauf achten sollte, wie man was wäscht. Deswegen ist das grundlegende Motto: Separieren, vorsortieren und individualisieren. Jedes Kleidungsstück braucht eigene Aufmerksamkeit. Das heißt vor allem, dass ihr eure Sportbekleidung nicht mit euren „normalen“ Klamotten zusammen wascht, weil die empfindlichen Stoffe und Nähte eurer Funktionsbekleidung durch zum Beispiel raue Jeansstoffe Schaden nehmen können. Außerdem ist wichtig, dass ihr die Zeichen in den Klamotten richtig deuten könnt. Für letzteres hilft euch diese Übersicht.
Eine andere wichtige Grundregel lautet: Schuhe niemals in die Waschmaschine! Diese können dort erheblichen Schaden nehmen. Lieber einfach abspritzen, abbürsten und gegebenenfalls mit Schuhcreme pflegen. Zuletzt empfehlen wir noch, nicht einfach irgendein Waschmittel zu benutzen, sondern solches für Funktionswäsche wie zum Beispiel Textile Wash von Holmenkol hier oder Travel-Wash von Rapide für unterwegs. Damit bleiben die Sachen eben genauso funktionell, wie beim ersten Mal Tragen. Denn ein Trikot aus Polyamid und Elasthan ist keine Baumwollbuxe.
Wie aber nun sieht die optimale Reinigung und Pflege von Fahrradbekleidung im Detail aus? Wir haben das die Experten bei Gore, Castelli und Assos gefragt. Mit ihrer Hilfe haben wir den folgenden Leitfaden fürs Waschen und Pflegen von Funktionsbekleidung erstellt. Dabei ist zu beachten, dass jeder Hersteller noch einmal eigene Wasch- und Pflegetipps hat. Das ist zum Beispiel abhängig von der benutzten Membran. Mit unserem Leitfaden könnt ihr es aber (sofern nichts anderes auf dem Zettelchen vermerkt ist) schon mal wesentlich besser machen, als wenn ihr alles zusammen mit euren anderen Sachen wascht.
Reinigung
Wie oft muss ich meine Sachen waschen?
In jedem Fall sollten Hosen nach jeder Ausfahrt in die Wäsche wandern, sofern der/die Fahrer/in, wie üblich, nichts drunter trägt. Denn die Bakterien, welche sich durch die Bewegung und den Schweiß ins Sitzpolster arbeiten, machen gleich doppelt Ärger. Einmal „zerfressen“ sie in Kombination mit den Salzkristallen das Sitzpolster. Des Weiteren dringen die Bakterien in die Poren der Haut ein und reizen euren Allerwertesten enorm. Wie oft ihr eure Trikots, Socken und andere Textilien wascht, ist abhängig von eurem Empfinden. Der eine trägt sein Trikot so lange, bis der Teamkollege die Nase rümpft, der andere ist nach einer kurzen Ausfahrt schon froh, wenn er das leicht verschwitzte Leibchen wieder waschen kann.
Was darf in die Waschmaschine?
Grundlegend erst einmal alles, wenn es auf dem Etikett nicht anders vermerkt ist (außer Schuhe). In manchen Fällen bietet es sich an Waschsäcke zu benutzen (etwa bei Radmützen) und die Textilien da hinein zu stecken. Auch bei Hosen und Trikots ist das sinnvoll, um die Reibung durch andere Textilien und die Waschtrommel zu reduzieren. Die Wäschestücke sollten vor dem Waschen auf links gedreht werden und alle Klett- sowie Reißverschlüsse geschlossen sein.
Welches Programm für welches Kleidungsstück?
Der Schonwaschgang ist generell die richtige Wahl. Maximal solltet ihr die Sachen bei 40 Grad Waschen, sagt der Experte von Castelli. Assos empfiehlt für seine Sachen 30 Grad.
Welche Waschmittel sollte ich verwenden und welche nicht?
In keinem Fall solltet ihr Weichspüler oder Bleichmittel benutzen, das ist das Wichtigste. Auch Pulver-Waschmittel solltet ihr vermeiden. Wie schon gesagt, benutzt ihr am besten spezielles Waschmittel für Funktionsbekleidung. Für wasserabweisende Kleidungsstücke solltet ihr Imprägnierwaschmittel benutzen.
Was ist nach dem Waschgang zu tun?
Ist die Wäsche noch recht nass, könnt ihr sie per Hand ausdrücken. Aber nicht wringen! Dann einfach aufhängen. Im besten Fall nicht bei direkter Sonneneinstrahlung und draußen.
Schleudern?
Lieber nicht. Wenn doch, dann aber nur bei höchstens 800 Umdrehungen, so die Expertin von Assos.
Wäschetrockner?
Davon wird unbedingt und von allen Seiten abgeraten. Eine Ausnahme bilden Produkte mit Gore-Tex Beschichtung. Unser Fachmann bei Gore sagt, wer seine dauerhafte Imprägnierung reaktivieren will, der kann zum Beispiel seine Jacke für 20 Minuten in den Wäschetrockner geben.
Wie schlimm ist es, wenn man das Zeug trotzdem mal in den Wäschetrockner steckt, weil es schnell gehen muss?
Eure Sachen müssen nicht gleich kaputt aus dem Trockner kommen. Die Gefahr ist aber relativ groß, dass die Kleidungsstücke eingehen. Außerdem können sie ihre Regen- und Windbeschichtung verlieren oder anders wie Schaden nehmen. Also riskiert es lieber nicht.
Simone Hermann von Assos: „Manche Kunden glauben, sie kaufen für diesen Preis eine Hose, die ein Leben lang hält. Diese Erwartung können wir natürlich bei intensiver Nutzung der Textilien nicht erfüllen. Aber mit der richtigen Pflege kann die Lebensdauer der Produkte stark verlängert werden.“
Axel Bauer von Castelli:
„Unsere Bekleidung soll die Fahrer nicht daran hindern bei jeder Witterung Höchstleistung bringen zu können, sei es bei den Klassikern im Frühjahr oder bei Hitze während der Tour de France im Hochsommer. Die ausgewählten Materialien und Technologien ermöglichen maximale Leistungsfähigkeit, erfordern aber eine gewisse Sorgfalt bei Pflege und Reinigung. Wir können nicht garantieren, dass Castelli Produkte ewig halten, aber um die Funktion und Lebensdauer unserer Bekleidung zu maximieren, empfehlen wir die Beachtung der ausführlichen Pflegehinweise und Tipps auf unserer Website.”
Die Pflege nicht vergessen!
Wie sollten Funktionsklamotten am besten gepflegt werden?
Da muss man erstmal unterscheiden, welche Funktion die Sachen genau erfüllen sollen. Theoretisch beginnt die Pflege schon beim Anziehen. Wenn man da zu viel zieht und reißt, können Mikrostrukturen kaputt gehen und auf Dauer dann das gesamte Kleidungsstück. Generell sollte man alle Sachen nach dem Gebrauch immer erst einmal ausgiebig lüften. Bei gutem Wetter natürlich am besten draußen, auf dem Balkon oder im Garten. Wenn dies das Wetter nicht zulässt, geht das auch mal im Keller oder Badezimmer bei offenem Fenster. Bei Regenbekleidung sollte man darauf achten, dass sie immer ordentlich imprägniert wird, sofern dass das Zettelchen erlaubt. Denn zum Beispiel die Shakedry Jacke von Gore (die wir hier getestet haben) benötigt gar keine Imprägnierung.
Wie oft?
Das Aufhängen und Trocknen sollte nach jeder Benutzung mit allen Kleidungsstücken erfolgen, die ihr an hattet. Regenabweisende Kleidung, wie Jacken, Hosen und Überschuhe sollten immer dann neu imprägniert werden, nachdem ihr mit diesen im Regen unterwegs wart. Außerdem kann man sehr gut am Abperlen des Wassers erkennen, ob die Jacke eine neue Imprägnierschicht benötigt. Mindestens alle drei Monate solltet ihr aber auch ohne in den Regen zu kommen eure Allwetterkleidung imprägnieren, damit ihr bei tatsächlichem Regen auch wirklich geschützt seit. Denn die abperlende Schicht geht auch durch Reibung Stück für Stück verloren.
Was tun bei Beschädigungen?
Ist es doch mal passiert, dass euer Trikot oder die Hose kaputt gegangen ist, dann auf jeden Fall nicht weiter benutzen. Egal ob ein Loch im Stoff ist, eine Naht aufdröddelt oder das Material aus einem unbekannten Grund ausgeleiert ist. Kontaktiert einfach den jeweiligen Hersteller. Die meisten sind da sehr kulant und reparieren die Schäden, vor allem wenn ihr noch den Kaufbeleg habt. Vor allem die Premium-Hersteller und jene, die stark auf Nachhaltigkeit setzen (zum Beispiel Vaude), werden euch im Fall der Fälle vermutlich am ehesten schnell und unkompliziert helfen.
Waschen und Pflegen unterwegs
Auf Tour
Auf einer mehrtägigen Radtour ist es ebenfalls absolut empfehlenswert, seine Sachen zu reinigen. Das ist zugegebenermaßen nicht immer ganz einfach. Besonders, wenn man erst spät Abends ankommt und früh gleich weiter will, denkt man an Vieles, aber nicht an das Reinigen seiner Sachen. Das kann aber die Tour zur absoluten Tortur für eure Haut machen. Denn nach wenigstens zwei Tagen im Sattel wird die garantiert schon ordentlich von Salzkristallen und Bakterien gereizt sein. Daneben wird eure Bekleidung darunter leiden. Wenn ihr aus Platzgründen, oder Gewichtsersparnis keine Tube Travel-Wash mitnehmen möchtet, dann spült gleich nach Ankunft eure Hose gründlich mit lauwarmen Leitungswasser aus und hängt sie dann ins Freie.
Dringend abraten wollen wir davon, Handseife oder Duschbad zum Reinigen zu benutzen. Die zieht zwar gut ein ins Polster und den übrigen Stoff, doch wäscht man sich dann dusselig bis das Zeug wieder komplett raus ist. Auch den Fön (zum Trocknen) solltet ihr zur Vermeidung von Brandflecken nicht unbedingt benutzen. Wählt lieber die warme Heizung dafür. Wer auf Nummer sicher gehen will, legt die nasse Kleidung in ein trockenes Handtuch, presst dieses fest zusammen und schleudert es kreisend durch die Luft. Die Zentrifugalkraft sorgt dann für die grobe Trocknung. Die Heizung macht den Rest.
Neben der Pflege eurer Fahrradbekleidung ist es aber auch wichtig, dass ihr euch selbst nicht vergesst und euch ordentlich säubert und pflegt. Dazu empfehlen wir euch ein heiße Dusche, ein kühles Getränk und eine angemessen große Pizza. Am besten in dieser Reihenfolge.
In diesem Sinne eine gute Fahrt in die ersten frühlinghaften Tage der Saison und nach den Wäsche-Basics eine guten Appetit.