Was gute Kleidung fürs Graveln ausmacht, scheidet die Geister. Von hautengem Spandex mit zusätzlichen Taschen bis hin zu umfunktionierter Mountainbike-Kleidung gibt es ein weites Spektrum von Ideen, was die perfekte Kleidung auf einer Graveltour ist. Dieses Outfit von POC pfeift auf alle Klassifikationen und macht einfach munter überall dort Anleihen, wo es sinnvolle Features zu holen gibt.
Zielgruppe
Angesichts eines Potpourris von Einflüssen aus Rennrad, Gravel, XC und sogar gravitylastigem MTB sollten wir vielleicht kurz umreißen, für welchen Einsatzzweck dieses Outfit am besten geeignet ist. Die bunte Mischung fühlt sich auf jeder Art von Fahrrad mit Rennlenker zu Hause, wenn es nicht um maximale aerodynamische Effizienz geht. Auf langen Touren siehst du in ihr aus wie ein normaler Mensch und hast dank zahlreicher Taschen alles griffbereit. Aber auch auf kurzen Recovery-Runden erinnert die flatternde Hose daran, es nicht zu hastig angehen zu lassen. Eine Ausnahme gibt es: Die Regenjacke kannst du getrost so gut wie immer am Lenker lassen, wenn es irgendwie nach Regen aussieht.
POC Signal All-Wetter Jacke
Fangen wir mit dem absoluten Highlight an. Der Schnitt dieser Regenjacke ist zwar nicht direkt fallschirmförmig, aber wirklich aero ist sie auch nicht. Trotzdem ist sie quasi ein festes Anbauteil an unseren Rennrädern geworden. Grund dafür ist die superclevere Konstruktion. Wenn du die Jacke in ihre eigene Rückentasche packst, hat sie zwei Laschen auf der Außenseite, mit denen du sie unter den Lenker schnallen kann. So nimmt sie keinen Platz in der Jerseytasche weg und ist immer griffbereit. Wenn sie angezogen wird, schützt sie zuverlässig vor Regen und spielt in Sachen Atmungsaktivität in der absoluten Spitze mit. Die anpassbare Kapuze (die über den Helm passt!) trägt ihren Teil dazu bei, Regen erträglicher zu machen und der doppelte Reißverschluss erlaubt während der Fahrt einfachen Zugriff auf die Jerseytaschen. Diese Jacke ist der Unterschied zwischen ewigem Unterstellen in einer Bushaltestelle und einfach weiterfahren – ein genial durchdachtes Kleidungsstück.
POC Resistance Ultra T-Shirt
Von außen sieht es dieses Shirt aus wie ein etwas flattriges Rennrad-Jersey. Aber anders als bei der Signal Regenjacke, deren leuchtend orange Bändchen zur Lenkerbefestigung weithin zu sehen sind, sind die wahren Werte bei diesem Shirt gut im Inneren versteckt. Im Bereich der Taille versteckt sich nämlich ein eingebauter „Gürtel“, der das Shirt auch dann noch stabil an seinem Platz hält, wenn die Taschen voll sind. So hast du zwar die Stabilität eines Rennradjerseys, aber einen wesentlich entspannteren Schnitt, mit dem du im Supermarkt nicht sofort auffällst. Wieso der Reißverschluss der mittleren Tasche allerdings vertikal angebracht ist, bleibt hingegen ein Rätsel, denn so muss man vor allem auf dem Rad darauf achten, dass nichts rausfällt, wenn man die Tasche ganz öffnet.
POC Resistance Ultra Shorts
Die Resistance Ultra Shorts können ihre Mountainbike-Wurzeln nicht verbergen. Da wären zuerst die Taschen auf den Oberschenkeln, aber vor allem die Flicken aus strapazierfähigerem Material an der Hüfte. Vielleicht mache ich etwas falsch, wenn ich auf meinem Gravelbike unterwegs bin, aber so häufig falle ich nun auch nicht hin, dass ich Verstärkungen an der Hose brauche. Die Pads fallen im Betrieb aber nicht auf, sodass nur die Optik bleibt. Ansonsten passt die Hose in M sehr bequem für jemanden, der sonst Bundweite 30 trägt.
POC Pure Bibs Trägerhose
POC selber sagt über die Pure Bibs, dass es sich um das Einstiegsmodell handelt, was angesichts des nicht ganz günstigen Preises verwundert. Die Klassifikation bezieht sich aber nur auf die hauseigene Kollektion und da fehlen der Pure Shorts tatsächlich die Features der teureren Modelle (zusätzliche Taschen, andere Pads, Wetterschutz). Eine sehr gute Hose bleibt sie allemal, Einstiegsmodell oder nicht. Das recht dünne Polster mit Silikoneinsätzen harmoniert auch auf langen Touren sehr gut mit den kurzen Sätteln, mit denen ich die Hose getestet habe. Die kurz geschnittenen Beine werden von den breiten Abschlüssen vorbildlich an Ort und Stelle gehalten. Wer unbedingt Taschen an seiner Hose oder wasserabweisendes Material braucht, greift zu den teureren Modellen von POC, ansonsten macht diese Hose einen sehr guten Job.
POC Omne Air MIPS
Passend zum Rest des Outfits ist der Omne Air MIPS kein Helm, der für Renneinsätze designt wurde. Dafür ist er im Vergleich zu den Topmodellen ein bisschen zu schwer und auch in Sachen Belüftung nicht ganz so gut aufgestellt. Dafür punktet er beim Tragekomfort: Wenn man ihn aufsetzt, hat man eher das Gefühl, eine Mütze zu tragen, und er hinterlässt nach der Tour keine Druckstellen. Dadurch merkt man das Zusatzgewicht nicht, ich hatte jedenfalls auf ganztägigen Touren keinerlei Probleme. Die Belüftung wird nur ein Problem, wenn es an sehr heißen Sommertagen mit Druck bergauf geht. Bei normalen deutschen Wetterbedingungen ist die Belüftung sogar ganz angenehm und gerade mit Blick auf den Herbst super. Einziges Manko des Helms ist die Brillengarage, die nur mit der POC Elicit halbwegs funktionierte, die POC DO Blade (und diverse anderen Brillenmarken) aber überhaupt nicht festhalten wollte.
POC Elicit Brille
Wir haben mit einem Highlight angefangen und hören auch mit einem Highlight auf: Die POC Elicit ist von dem gesamten Outfit am klarsten auf Rennsport zugeschnitten. Wer auf das Gewicht seiner Ausrüstung achtet, wird entzückt sein: 23 nachgewogene Gramm bringt sie auf die Waage. Das spielt bei Beschleunigungen am Berg zwar keine Rolle, aber empfindliche Näschen wie meins freuen sich über jedes Gramm weniger, das bei langen Touren drückt. Zusammen mit dem riesigen Blickwinkel ohne störenden Rahmen hat man tatsächlich (fast) das Gefühl, keine Brille zu tragen. Die optische Qualität ist beeindruckend und fällt vor allem in schnell wechselnden Lichtbedingungen wie im sommerlichen Wald auf. Man sieht quasi in HD. Beim ersten Aufsetzen wirkte die Brille noch fragil, nach diversen Flugeinlagen kann ich aber bestätigen, dass sie deutlich robuster ist, als es den Anschein hat. Auch das riesige Glas hat noch keine Kratzer abbekommen, obwohl es über zwei Monate auf der Straße und im Wald nicht geschont wurde. Auch die Brille ist klar im oberen Preissegment zu Hause, wie bei den anderen Teilen des Outfits gilt hier: Preis ist ein Qualitätsmerkmal.
Das Mischmasch der verschiedensten Genres funktioniert fantastisch: Dieses Outfit von POC passt zu jedem Anlass, wo absolute Geschwindigkeit nicht im Vordergrund steht.