In den 90er Jahren war das GT Zaskar der Inbegriff des coolen Mountainbike-Spirits. Fast 30 Jahre später gibt es das Modell immer noch, was allein schon etwas ziemlich Besonderes ist. Mit dem Modell „Zaskar LT“ haucht GT der Legende nun als lässiges All-Mountain-Hardtail zum Einstiegspreis neues Leben ein. Wir wollten wissen, wie viel „Zaskar-Feeling“ in der Neuauflage steckt und haben es uns zum Test vorgeknöpft.
Über GT Bicycles
GT Bicycles ist eine jener Marken, die live bei der Geburt des Mountainbikens dabei waren: Ihre Wurzeln liegen beim Gründer Gary Turner, der in den Siebzigern aus alten Rohren ein Bike (ein BMX, um genau zu sein) für seinen Sohn baute, der zuvor Rahmen um Rahmen verschliss. Weil der ehemalige Trompetenbauer (kein Witz) bessere Fahrradrahmen baute als das, was man im Geschäft kaufen konnte, erfreute er sich schnell großer Beliebtheit und baute für seine Freunde und Bekannten Räder.
Nach einer Weile lernte er seinen zukünftigen Geschäftspartner Richard Long kennen, der einen Radladen besaß. Zusammen gründeten sie GT Bicycles und waren schnell eine große Nummer. Denn damals war ein Fahrradrahmen, der im Offroadeinsatz nicht brach, eine Besonderheit!
In den kommenden Jahren entwickelte sich GT zu einem der großen Akteure im Mountainbike-Sport und war auch im Rennsport fest vertreten. Die Athertons hatten einen Großteil ihrer besten Zeit beim GT Downhill Team, aber auch Triathleten wie Chris McCormack fuhren auf GT Bestzeiten ein. Mit bekannt war GT nicht nur für die Haltbarkeit der Rahmen, sondern auch für die innovativen Lösungen wie das i-Drive-System und natürlich die Armee an Legenden, die auf GT startete. Das Urgestein Hans Rey fährt immer noch GT. MTB-Legenden wie die Downhiller Steve Peat, Nico Vouilloz und XC-Supertalent Juliana Furtado prägten mit reichlich Podiumspräsenz das Bild der Marke.
Allgemeine Bike Infos
Die älteren Semester bekommen heute noch feuchte Hände, wenn sie den Namen „Zaskar“ hören. In den neunziger Jahren war er der Inbegriff für ein cooles, handgeschweißtes und bunt eloxiertes US-Hardtail, mit dem damals Hans Rey in seinen „How to…“-VHS-Videos über die Fernseher flimmerte. Irgendwann wurden bunte Eloxierungen uncool, Trialfahren musste dem Freeriding weichen und statt massiver Schweißraupen eines ehrlichen Alurahmens waren auf einmal die futuristischen Formen gebackener Kohlenstoff-Verbindungen in. Das Zaskar verlor von seinem Glanz und musste sich mit einem ungefederten Schattenplatz irgendwo zwischen Hightech-Fullys und E-Mountainbikes zufriedengeben.
Bis das Jahr 2020 kam und mit ihm der Versuch, der Legende frischen Wind einzuhauchen. Nicht als superhippes Statussymbol, aber vollgepackt mit zeitgemäßer Technik, cooler Optik und einem coolen Preis: Das Modell „Zaskar LT Al Expert“ soll in etwa so viel kosten wie damals der ganze Rahmen – in Deutscher Mark, versteht sich.
Wie sieht also ein Zaskar LT Baujahr 2020 aus? Zunächst einmal wird der GT-Fan erfreut feststellen, dass das grundlegende Designelement des Ur-Zaskars auch heute noch die Optik des Rahmens prägt: das gute, alte Triple-Triangle-System, bei dem die Sitzstreben markant bis ans Oberrohr hochgezogen sind. In großen Lettern prangt das GT Logo auf dem Unterrohr, ganz wie damals. Dicke Schweißraupen gibt es ebenfalls, denn natürlich ist die Neuauflage immer noch aus Aluminium gefertigt. Das war es dann aber auch. Ansonsten ist vieles neu und up to date.
Da wäre die Tatsache, dass das Zaskar heute auf 29 Zoll rollt. Es besitzt serienmässig eine Dropper Post, fein säuberlich innen verlegte Züge, Scheibenbremsen und einen 1×12-Antrieb. Damals waren 3×7 Gänge eher angesagt. Während sich Hans Rey schon über 80 Millimeter Federweg gefreut hätte, sorgen im neuen Zaskar satte 130 Millimeter für komfortable Fahrt und damit kommen wir schon zur eigentlich wichtigsten Neuerung: Während das Carbon-Zaskar sich in der Zwischenzeit eher als flinkes Cross-Country-Bike platziert hatte, ist das „LT“-Modell mit waschechten Trailbike-Genen ausgestattet. Nicht nur die lange Gabel, auch die dicken Reifen und die „flache“ Geometrie schreien danach, über technische Trails gejagt zu werden.
Fahreindruck
Also bitte: Das lassen wir uns nicht zweimal sagen. Schnell die Flat Pedals angeschraubt, das Helmvisier runtergeklappt und ab geht’s! Tatsächlich nimmt man auf dem neuen Zaskar angenehm komfortabel Platz. Keine Cross Country Racehaltung, stattdessen ein breiter Lenker, eine angenehm aufrechte Sitzposition und ein sattes Surren der breiten Reifen, sobald man sich in Bewegung setzt. Eins ist klar: Mit entlosen Schotterpisten braucht man diesem Bike nicht zu kommen. Das Zaskar fühlt sich 2020 vor allem auf flowigen Trails zu Hause.
Was nicht heißt, dass das Zaskar bergauf schlapp macht. Dank gutem Grip und passender Übersetzung kommt man wirklich überall hoch, obwohl das Bike mit rund 14,5 Kilogramm kein Leichtgewicht ist. Dafür ist es aber günstig! Erstaunlich, was man mit nur zwölf Gängen heutzutage erreichen kann. Nachdem man sich also den Berg verdient hat, kommt das, worauf man früher auf dem Leichtbau-Hardtail so gar keine Lust hatte: die technische Abfahrt, auf der es ordentlich holprig zur Sache geht. Früher hätte man jetzt den Sattelschnellspanner geöffnet, um wenigstens in den Genuss von etwas mehr Bewegungsfreiheit zu kommen. Heute reicht ein kurzer Druck auf den Remote-Hebel der Dropper Post und der Sattel senkt sich wie von Geisterhand.
Yeah, was für ein Spaß! Ja, es rappelt. Zumindest hinten, denn an der Front macht die Federgabel von RockShox einen richtig guten Job. Es rappelt aber trotzdem und es ist anstrengender als mit einem Fully. Und genau das ist gut so. Es ist ein bisschen ursprüngliches Mountainbike-Feeling, ganz wie damals. Nur, dass alles funktioniert. Die Bremsen zum Beispiel, obwohl es sich um ein günstiges Einstiegsmodell aus dem Hause Shimano handelt. Damals hätte das Öl aus dem undichten Bremszylinder gespritzt, heute ist es der Staub, der in der Kurve aufgewirbelt wird. Maxxis Minions tragen dazu bei, dass man trotzdem nie die Kontrolle verliert. Unten angekommen schmerzen die Hände – ja, das ist pures Mountainbiken, fast ein bisschen wie damals!
Ist die Legende zurück? Zumindest optisch kann das neue Zaskar LT seine Gene nicht verleugnen. Darüber hinaus hat sich eine ganze Menge geändert. Glanz und Glamour vergangener Tage sind verblasst und der ein oder andere GT-Fan mag traurig zur Kenntnis nehmen, dass das neue Zaskar sich eher im Einstiegs-Preissegment tummelt. Doch das will nichts heißen. Denn im Gegensatz zu damals sind günstige Parts heute bewährt und funktionieren. Genau das gilt für das komplette Bike: GTs Zaskar LT kommt mit stimmiger All-Mountain-Geometrie und einer Ausstattung, die als „gut und günstig“ durchgeht. Eines hat das Zaskar dann aber doch mit seinem Urvater gemeinsam: Es ist ein richtiger Allrounder, der dazu einlädt, auf den (Home-)Trails Gas zu geben und Mountainbike-Spaß wieder ganz ungefiltert zu erleben.