Wer sein Rad liebt, der… pflegt’s! Ob es im Winter ungenutzt im Keller verstaubte oder jeden Tag bei Wind, Wetter, Matsche und Straßensalz benutzt wurde – nach dem Winter ist der perfekte Zeitpunkt, um dem geliebten Fahrrad einen kleinen Frühjahrsputz zu gönnen und dabei gleichzeitig zu checken, ob technisch alles in Ordnung ist. Wir zeigen euch, wie ihr am besten vorgeht und worauf ihr achten müsst, um auf einem sauberen und sicheren Fahrrad in die neue Saison zu starten.
Am Anfang war die Reinigung
Matschklumpen, Salzränder und Rostspuren zieren euren treuen Begleiter? Was an der alten Gartenbank als charmante Patina durchgeht, hat am Fahrrad nichts zu suchen. Also, bevor wir ins Detail gehen, steht zunächst mal eine Grundreinigung an. Wer jetzt an den Hochdruckreiniger mit Fräsdüse denkt, den müssen wir enttäuschen. Immerhin geht es um euer Fahrrad, den Wollpulli unter den Fortbewegungsmitteln, der ein persönliches Schonprogramm verdient hat.
Könnt ihr auf einen Gartenschlauch zurückgreifen, benutzt diesen, um das Fahrrad von grober Verunreinigung zu befreien. Ein Eimer mit (warmem) Wasser und ein Schwamm tun es aber auch. Hauptsache, das Wasser strahlt nicht mit hohem Druck auf das Rad, und insbesondere auf Lager und Dichtungen, die dadurch Schaden nehmen würden.
Wenn die groben Klumpen weg sind, sprüht ihr den Drahtesel mit einem speziellen Reiniger ein. Mittlerweile gibt es eine große Auswahl biologisch abbaubarer Mittel, die Fett und Schmutz lösen, ohne Lack oder Dichtungen zu beschädigen. Nach einer kurzen Einwirkzeit könnt ihr die Wirkung noch verstärken, indem ihr Bürsten zu Hilfe nehmt. Es gibt zum Beispiel von Mucoff eine ganze Reihe „Spezialbürsten“, mit denen ihr auch unzugängliche Stellen am Rad, wie die Naben, den Tretlagerbereich oder die Gabelbrücke, bestens erreicht. Solche Bürsten sind nicht teuer, erleichtern euch das Leben aber enorm. Ist das Rad schön eingeschäumt, wird es mit klarem Wasser abgespült – et voilà : So sieht es doch schon viel besser aus.
Spezielle Reinigung für spezielle Stellen
Damit meinen wir insbesondere den Antrieb. Gegen stark versiffte Ketten und Ritzel richtet auch der beste Bikereiniger nicht viel aus. Dafür gibt es spezielle Kettenreiniger, die besonders gut verdrecktes Kettenöl beseitigen, ohne dabei die Grundschmierung der Kette anzugreifen. Besonders gründlich wird die Reinigung mit eigens dafür vorgesehenen mechanischen Kettenreinigern, die deine Kette von allen Seiten schrubben, wie die Bürsten einer Waschstraße es beim Auto tun. Wenn ihr Parts aus Carbon benutzt, zum Beispiel Lenker oder Sattelstützen, freuen sich diese über eine liebevolle Behandlung mit speziellen Carbonreinigern.
Trocknungshilfe
Ihr kennt das bestimmt: Man wäscht und schrubbt mit aller Inbrunst und kaum, dass das Bike trocken ist, wirkt sein Lack stumpf und überall sorgen kleine Schlieren und Schmutzreste dafür, dass man frustriert die Arbeit der letzten halben Stunde in Frage stellt. Damit am Ende der Waschung ein Erfolgserlebnis steht, folgt nun ein sehr wichtiger Schritt: Die Pflege der Oberflächen, die nicht nur dafür sorgt, dass das Rad glänzt und glitzert, sondern die auch konservierend wirkt und somit auch langfristigen Schutz liefert und den Wert des Bikes erhält. Ihr habt nun die Wahl, wie in der Waschstraße: Beim Kurzprogramm sprüht ihr Bike und Parts mit einem Pflegespray ein, das zum einen Feuchtigkeit verdrängt, zum anderen einen dünnen, schützenden Film auf den behandelten Oberflächen hinterlässt. Achtet unbedingt darauf, dass kein Spray auf die Bremsbeläge und Scheiben kommt, am besten deckt ihr die Bremsen einfach während der Behandlung mit einem Tuch ab.
Wenn ihr dieses Spray nun noch mit einem Microfasertuch „einmassiert“, sieht das Bike im Anschluss fast aus, wie neu. Diese Behandlung sollte jeder Wäsche folgen. Ab und an könnt ihr eurem Rad die „Intensivpflege“ gönnen, die sich vor allem dem Rahmen (und allen lackierten Parts) widmet. Mit speziellen Politurmitteln bringt ihr die Oberflächen auf Hochglanz. Im Anschluss könnt ihr sie noch mit hochwertigen Wachsen versiegeln. Auch zum Auftragen von Politur und Wachs braucht ihr wieder Microfasertücher (Am besten besorgt ihr euch also gleich mehrere und nutzt eins nur zum Trocknen, eins zum Polieren und so weiter). Übrigens: Spätestens bei der nächsten Wäsche werdet ihr euch freuen, wenn ihr euer Bike so behandelt habt, denn Matsch und Staub können viel schlechter anhaften – das Rad verschmutzt weniger und ist auch schneller wieder gereinigt.
Der Antrieb
Nun wenden wir uns den Details zu. Nach einem langen Winter hat euer Bike nämlich richtig gelitten: Matsche und Salz sind nicht gerade schonend zum Material. Vor allem der Antrieb bekommt ordentlich was ab, denn Schmutz auf der Kette ist wie Sand im Getriebe. Zunächst ist jetzt die Kette dran. Gönnt jedem Kettenglied der gereinigten Kette einen Tropfen Kettenöl, am besten von innen (also auf den unteren Kettenstrang) aufgetragen. Dreht die Kurbel ein paar Mal, damit sich das Öl verteilt und wischt danach mit einem Tuch überschüssiges Öl ab. Benutzt auf keinen Fall sogenannte „Kriechöle“ oder Ähnliches, was in jeder Hobbywerkstatt herumsteht. Solche Öle sind oft kontraproduktiv, weil sie die Grundschmierung der Kette nahezu herausspülen, sodass die Kette nach kurzer Zeit quasi trocken läuft.
Nun checkt die Funktion: Schalten die Gänge sauber durch und das ohne großen Kraftaufwand beim Schalten? Oft ist das nach einem Winter nicht der Fall. Potentielle Gründe dafür gibt es mehrere:
1. Allen voran ein verdreckter Schaltzug. Meist lohnt es sich, nach dem Winter den Schaltzug zu erneuern.
2. Verknickte oder beschädigte Schaltzug-Außenhüllen. Checkt die schwarze Außenhülle. Ist sie beschädigt, muss sie erneuert werden. An neuen Bikes mit innen verlegten Zügen kommt das eigentlich nicht mehr vor. Ein anderes Problem, das auftreten kann, sind „ausgefranste“ Enden der Zugaußenhülle oder beschädigte Endkappen. Wenn ihr das erkennen könnt, hilft auch nur Austauschen.
3. Wenn die Gänge nicht sauber schalten, prüft, ob das Schaltwerk richtig fest ist. Manchmal löst sich nämlich die Schraube und Gänge können springen. Zieht die Schraube einfach nach, oft flutschen die Gänge danach wieder.
4. Wenn der Antrieb euch mit einem regelmäßigen „Klopfen“ nervt, kann ein steifes Kettenglied die Ursache sein. Um herauszufinden, ob das so ist, schaltet auf den kleinsten Gang, dreht die Kurbel langsam rückwärts und beobachtet dabei die Kette auf der Kassette beziehungsweise auf den Schaltröllchen. Ein steifes Glied solltet ihr hier einfach sehen können. Habt ihr es identifiziert, schnappt euch den Übeltäter mit festem Griff und „biegt“ die Kette kräftig aber vorsichtig um eine 90-Grad-Achse zur Laufrichtung. Oft gelingt es so, das Ritzel wieder gängig zu machen. Falls nicht, muss eine neue Kette her.
5. Apropos: Checkt die Kette auf ihren Verschleiß. Dafür gibt es spezielle Kettenlehren. Ist sie abgenutzt, solltet ihr sie erneuern. Das nervt zwar, aber es lohnt sich. Übrigens lohnt es, in eine hochwertige Kette zu investieren, da diese in der Regel deutlich länger halten. Mit gut gepflegter Kette könnt ihr den Rest des Antriebs noch lange weiterfahren. Würdet ihr die Kette fahren, bis nichts mehr geht (rund alle 3.000 bis 5.000 Kilometer gehört eine neue dran), würde sie wahrscheinlich auch die Kassette und die Kettenblätter zerstören und dann muss alles erneuert werden (was deutlich teurer wäre).
Die Bremsen
Natürlich macht es besonders viel Spaß, das Rad laufen zu lassen und die Bremsen nicht anzufassen. Doch wenn es darauf ankommt, muss unbedingt Verlass auf die Stopper sein. Daher solltet ihr sie regelmäßig inspizieren – zum Frühjahrscheck ist eine weitere, gute Gelegenheit dazu.
1. Führt zunächst einen optischen Check durch. Sieht alles gut aus? Oder könnt ihr zum Beispiel austretendes Öl/Bremsflüssigkeit erkennen? Wenn ihr nicht sicher seid, fragt lieber den Fachmann eures Vertrauens – neue Leitungen und Dichtungen einzubauen und die Bremse neu zu befüllen ist im Zweifelsfall das kleinere Übel. Bei mechanischen Bremsen solltet ihr checken, ob der Bremszug in Ordnung ist. Geknickte oder ausgefranste Züge bitte austauschen.
2. Checkt die Bremsbeläge: Wenn sie abgenutzt sind, könnt ihr sie einfach selbst erneuern. Greift die Bremse gut, oder quietscht sie und „rutscht“ scheinbar durch? Dann sind die Beläge möglicherweise verölt oder verglast und müssen ebenfalls erneuert werden, auch wenn sie noch nicht abgenutzt sind.
3. Hat die Bremse die volle Power? Bewegen sich die Bremshebel leichtgängig und kommen schnell und vollständig wieder in die Ausgangsposition zurück? Wenn nicht, kann Luft im hydraulischen System sein und die Bremse muss entlüftet werden.
4. Grundsätzlich sollte man die Bremsflüssigkeit von Zeit zu Zeit erneuern, vor der Saison ist ein guter Zeitpunkt dafür. Wenn ihr euch nicht sicher seid, ist auch das ein Job für den Händler. Grundsätzlich kann man vieles an einer Bremsanlage selbst machen, insbesondere bei mechanischen Bremsen, aber auch hydraulische Bremsen sind kein Hexenwerk. Weil die Bremsanlage aber einfach so wichtig ist, solltet ihr bei kleinsten Unsicherheiten einen Fachmann fragen.
Die Laufräder
Sie bringen deine Antriebspower auf den Boden und sorgen in Kurven für den nötigen Grip – gut funktionierende, rund laufende Laufräder sind Garant für tolles Radfahren. Also wollen wir nun einen Blick auf die Räder werden.
1. Optischer Check: Laufen die Räder rund? Sind alle Speichen vorhanden und auf Zug? Sind die Naben in Ordnung oder könnt ihr vielleicht kleine Risse am Nabenflansch entdecken? Wie steht es ums Reifenprofil?
2. Zur neuen Saison bietet es sich an, die Reifen zu erneuern oder die groben Stollen gegen ein etwas leichter rollendes Sommermodell zu tauschen. Wenn ihr die Räder dafür ausbaut, ist das eine hervorragende Gelegenheit, alles zu reinigen und genau zu überprüfen. Reinigt auch die Achsen eurer Räder und gönnt ihnen einen Klecks neues Fett.
3. Wenn ihr eure Reifen tubeless fahrt, erneuert die Dichtflüssigkeit.
4. lockere Speichen könnt ihr einfach selbst nachziehen. Fehlende Speichen könnt ihr selbst erneuern. Allerdings braucht ihr dafür mindestens einen „Nippelspanner“ und im besten Fall einen Zentrierständer, denn das Rad soll ja hinterher wieder rund laufen. Wenn ihr keine Lust auf Experimente habt oder euch unsicher seid, sind solche Reparaturen ein Fall für den Fachmann.
Federung bei Mountainbikes
1. Führt einen Sicht-Check durch: Sind alle Dichtungen okay? Oder „siffen“ die Federelemente? Spätestens dann solltest du einen Federungs-Service aufsuchen. Federgabeln und Dämpfer freuen sich über regelmäßigen Service (Die Hersteller geben in der Regel sogar Service-Intervalle an). Grundsätzlich ist die Offseason ein guter Zeitpunkt, um sein Rad mal ein paar Tage dafür abzugeben.
2. Wenn alles in Ordnung ist, checkt noch die richtigen Luftdrücke in den Federelementen und die passenden Einstellungen – schon kann es losgehen!
Schrauben-Check
Last but not least solltet ihr einfach mal alle Schrauben durchchecken, denn wenn man regelmäßig mit dem Rad unterwegs ist, kann sich schon mal eine Schraubverbindung lockern. Allen wichtigen Schrauben solltet ihr eure besondere Aufmerksamkeit schenken. Also, „schlüsselt“ einfach einmal übers Rad drüber:
1. Lenker/Vorbau
2. Schaltwerk
3. Schaltauge
4. Radachsen
5. Bremsscheiben
6. Bremssattel
Das war’s! Eine schöne Schraubsession ist beendet und nicht nur ihr, sondern auch eure Bikes sind fit für viele schöne Touren. Wir wünschen euch einen tollen Start in die Bike-Saison!