2014 fand der Munich Supercross zum ersten Mal statt, damals noch als Rapha Supercross. In diesen fünf Jahren hat sich die Veranstaltung zum wichtigsten Cyclocrossrennen Deutschlands entwickelt. Zwar bekommen Fahrer*innen auf der Strecke heutzutage keinen Schnaps mehr gereicht, aber das Organisationsteam schafft es perfekt, eine Balance zwischen hohem Spaßfaktor, Nachwuchsförderung und internationalem Spitzensport zu finden. Ein guter Grund für Brügelmann, diese Veranstaltung im inzwischen dritten Jahr zu unterstützen. Im Interview berichtet uns der Sportliche Leiter des ausrichtenden Vereins RC „Die Schwalben“ München 1894 e.V., wie das Wochenende gelaufen ist und was im Münchner Olympiapark in nicht allzu ferner Zukunft noch alles passieren könnte.
Erzähl mir doch zum Einstieg mal, wie der Munich Supercross 2019 gelaufen ist.
Da wir dieses Jahr ein C1-Rennen ausgerichtet haben (das Level direkt unter den Weltcups), waren die Anforderungen etwas höher als früher, zum Beispiel an Streckenbegrenzungen und Absperrungen. Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir 200 Gitter zu wenig hatten, die wir dann recht kurzfristig organisieren mussten. Freitag beim Aufbau hatten wir also noch ein bisschen Stress, das hat aber gut funktioniert und war am Ende auch alles so, wie die UCI das haben wollte.
Samstagfrüh ging es mit dem Finale des Isar Cups los. Das ist eine Rennserie hier in Bayern, wo die Kiddies ab Laufrad bis zur U17 unterwegs sind und auf Mountainbikes ihre ersten Rennrunden drehen. Das ist immer der Samstagvormittag bei uns und für uns wichtig, weil wir den Nachwuchs gerne fördern möchten, auch wenn das teilweise ganz schön anstrengend werden kann. Es gibt viele kurze Rennen zu organisieren und die Anmeldungen kommen oft sehr kurzfristig rein.
Wie ernst werden die Rennen in den Klassen denn ausgetragen?
Die Kids nehmen das glaube ich entspannter als die Eltern, aber das ist schon richtiger Sport. Daher bekommen bei den Siegerehrungen wirklich alle Teilnehmer*innen einen Preis. Das ist zwar ein ziemlicher Act, von den letzten bis zu den ersten Plätzen alle auf die Bühne zu holen, aber die Freude in den Gesichtern der Kids lohnt das. Da stehen dann 200 Kinder und 400 Eltern und dementsprechend ist ganz schön was los. Dieses Jahr sind danach alle bei 22 Grad in kurzen Hosen, aber mit Pudelmützen von Schwalbe rumgelaufen, die wir als Preis verteilt haben. Das sah ziemlich witzig aus.
Samstagnachmittag hatten wir dieses Jahr das erste Mal die Vorläufe und Finale der Hobbyklassen an einem Tag. Letztes Jahr haben wir gemerkt, dass es nicht so gut ist, das Hobbyfinale nach dem letzten Eliterennen am Sonntag abzuhalten. Da war einfach der Dampf raus und es war schade, dass das nicht mehr wirklich wahrgenommen wurde. Deswegen haben wir dieses Jahr alles an einem Tag zusammengefasst. Direkt nach dem Finale konnten wir dann in die Siegerehrung übergehen, was auch super war. Neben den regulären Preisen gab es auch noch die Sonderwertung „Schlag den Vossi“, wo es darum ging, eine schnellere Runde als der ehemalige Profi Paul Voss zu fahren, der das Rennen außer Konkurrenz mitgefahren ist. Dafür hätte es einen Wahoo Kickr gegeben, aber das hat niemand geschafft.
Die schnellsten Rundenzeiten bei den Frauen und Männern sind aber trotzdem mit einem Wahoo ELEMNT belohnt worden und da haben sich auch alle riesig gefreut. Zusammen mit dem, was es bei der regulären Siegerehrung gab, also Sachpreise plus die Brügelmann-Gutscheine, sind die Hobbyfahrer*innen ganz schön verwöhnt worden. Wir haben dann alle noch zu einem bayrischen Barbecue eingeladen. Da gab es dann Hotdogs mit Käsekrainern und Breznsemmeln und ein bisschen Getränke dazu. Parallel haben wir noch ein paar Sachpreise verlost, damit die Leute, die leistungsmäßig nicht vorne mitfahren, auch die Chance haben, etwas mit nach Hause zu nehmen. Die meisten Leute sind dann dageblieben für die Jungs vom Besenwagen-Podcast, die mit Philipp Walsleben über Cyclocross und den Munich Supercross gesprochen haben. Philipp hat einen sehr trockenen Humor und das war ein witziger Abschluss.
Sonntag war dann komplett dem Elitesport vorbehalten?
Nicht ganz. Wir haben am Sonntagvormittag Gravelrides organisiert, wo man ohne Wettkampfcharakter eine Runde fahren konnte. Wir mussten dieses Jahr die Anmeldung irgendwann schließen, damit die Gruppen nicht zu groß werden, das ist also fast zu gut angekommen. Einer von den Fahrern hat sich nachher noch mit einer Flasche Sekt dafür bedankt. Das sind dann die Momente, an denen es sich echt lohnt, solche Veranstaltungen zu organisieren.
Nach den Gravelrides kamen dann die Lizenzrennen?
Im Nachwuchsbereich und bei den Masters fanden bei uns die Läufe zur Bundesliga statt. Wenn man die Meldelisten gesehen hat, dann waren glaube ich fast alle da, die in Deutschland mit Lizenz Crossrennen fahren. Für die Hobbyfahrer*innen, die zugeschaut haben, war es auf jeden Fall ein Aha-Effekt zu sehen, wie es in den Lizenzklassen abgeht. Wir hatten auch gut viel Publiku: An der Start-Zielgeraden standen die Zuschauer*innen in mehreren Reihen auf beiden Seiten, das war schon cool.
Durch das gute Wetter waren die Rennen auch spannender zum Zuschauen. Wenn es matschig ist, fahren die Fahrer*innen recht schnell einzeln durch die Gegend. Dieses Jahr hatten wir bei den Männern verschiedene Gruppen und es war spannend bis zum Schluss. Bei den Frauen ist Elisabeth Brandau direkt aus ihrer Saisonpause quasi aus dem Stand mitgefahren. Das war super zu sehen, wie die sich im Trikot der Deutschen Meisterin von Platz sieben am Anfang noch fast bis zum Sieg nach vorne gearbeitet und schließlich den zweiten Platz gemacht hat.
Macht das Wetter denn so einen großen Unterschied?
Ja, nicht nur bei den Zuschauer*innen, auch sonst hat uns das tolle Wetter dieses Jahr sehr geholfen. Die Kosten für die Flurschäden sind zum Beispiel im Rahmen geblieben. Wir müssen da recht schnell den Rasen wieder instand setzen und das war letztes Jahr eine gigantische Aufgabe, bei der uns der Olympiapark massiv unterstützt hat. Wenn wir das normal abgerechnet hätten, hätten wir als Verein echte Probleme bekommen.
Um über die Zukunft zu sprechen, müssen wir erst ein bisschen über die Vergangenheit lernen. Wie hat der Supercross in München denn angefangen?
Durch unsere Historie bei der Organisation solcher Veranstaltungen wissen wir, was wir tun und wir haben auch einen guten Draht zum Olympiapark, deswegen hat das gut funktioniert.
2014 haben wir zusammen mit Rapha damit angefangen. Die haben ihren Supercross weltweit in verschiedenen Städten organisiert und wollten das auch gerne in München machen. Dafür brauchten die jemanden, der das technisch hinbekommt und wir als RC „Die Schwalben“ waren sehr dankbar dafür. Natürlich schauen wir immer, dass es vorwärts geht, aber solche Veranstaltungen muss man ja auch finanziell gestemmt bekommen. Das war eine sehr gute Kooperation: Rapha hat sich um die eher weichen Faktoren wie die Kommunikation und die Expo gekümmert und unsere Aufgabe war es, das Rennen auf die Beine zu stellen. Im ersten Jahr haben wir das recht spontan mit sechs Wochen Vorlauf organisiert. Durch unsere Historie bei der Organisation solcher Veranstaltungen wissen wir, was wir tun und wir haben auch einen guten Draht zum Olympiapark, deswegen hat das gut funktioniert. Die Veranstaltung ist dann langsam zu einer Zweitagesveranstaltung gewachsen und wir haben uns da perfekt ergänzt. Für Rapha war der Hobbybereich sehr wichtig, wir haben mit dem Verein den sportlichen Aspekt, also den Nachwuchs und auch die Eliterennen, stark gemacht.
2017 hat sich Rapha leider umorientiert. Die haben sich auf die Clubhouses konzentriert, was sehr schade war. Da haben wir erst mal blöd geschaut, weil der Hauptsponsor plötzlich weg war. Irgendwie ist dann der Kontakt zu Brügelmann zustande gekommen, was dafür gesorgt hat, dass wir das Rennen in 2017 überhaupt auf die Beine stellen konnten. Ohne den Support von Brügelmann hätte es auch nicht funktioniert. Seitdem wächst das Rennen stetig: 2017 haben wir erstmals einen Lauf zur Bundesliga (die damals Deutschland-Cup hieß) ausgerichtet, letztes Jahr hatten wir ein internationales C2-Rennen und heuer ein C1. Trotzdem ist es uns wichtig zu schauen, dass es auch in den Hobbyklassen und mit dem Nachwuchs voran geht. Wir sind jetzt schon auf einem recht hohen Level angekommen und ein weiterer Schritt wäre für uns als Verein alleine ein bisschen zu viel. Die Frage ist auch, ob man immer größer werden muss oder ob es so, wie es jetzt ist, nicht auch okay ist. Heuer war super, da haben alle Spaß gehabt, von den Helfer*innen and der Strecke über Teilnehmer*innen und Austeller*innen auf der Expo bis zu uns im Orgakomitee.
Die Frage ist auch, ob man immer größer werden muss oder ob es so, wie es jetzt ist, nicht auch okay ist.
Was hat sich denn außer dem Level der Eliterennen verändert?
Wir haben von Jahr zu Jahr nie viel verändert, das ist immer eher Feintuning gewesen. Ein wichtiger Punkt war immer, den Hobbyklassen eine richtige Bühne zu bieten. Die Staffel haben wir schweren Herzens rausgeschmissen, weil es abends einfach zu lang gedauert hat. Das war ein superlustiges Ding, aber ging dann bis in die Dunkelheit und von uns waren dann auch immer alle bis spät abends voll eingespannt. So haben wir das Finale gehabt, ein bisschen gegrillt, ein bisschen gequatscht und das war dann ein entspannter schöner Abend. Auch die Leute in der Nummernausgabe waren happy, dass sie nicht bis in die Puppen Startnummern und Transponder zurücknehmen mussten.
Am Kurs haben wir ein bisschen getunt und die Expo komplett in den Kurs verlegt. Dadurch haben wir noch mehr Interaktion zwischen Teilnehmer*innen und Zuschauer*innen. Die Profis konnten ihre Motorhomes neben der Expo abstellen. Gerade für die Leute, die noch nicht so viel mit dem Radsport zu tun haben, gibt das ein super Bild ab, wenn da alle Räder hängen und die Profis sich auf der Rolle warm fahren.
Das waren die Feinheiten, an denen wir in den letzten Jahren rumgeschraubt haben. Dieses Jahr wollten wir auch schauen, dass wir in der Kommunikation noch besser werden. Da haben wir den Julien von 8000Watt dagehabt und den Besenwagen-Podcast, die haben das noch mal richtig angeschoben. Da hast du einfach Leute, die sich immer mit sowas beschäftigen und das ist dann einfach wertiger, als wenn ich das nur über unsere Kanäle poste.
Dann lass uns doch jetzt mal über die Eliterennen sprechen. Ihr habt euch den Termin dieses Jahr mit einem Superprestige-Rennen in Belgien geteilt. Was für Chancen habt ihr in so einer Situation, Spitzenfahrer*innen anzuziehen?
Es sind zwei Sachen, die da reinspielen. Alle belgischen Teams achten natürlich darauf, dass ihre Fahrer*innen die lokalen Rennserien mitfahren, also die Superprestige und die DVV Trofee. Die können einfach auch jedes Wochenende in Belgien hochkarätige Rennen mit allen Topstars fahren. Beim Weltcup in Bern sind ja auch die ersten 20 Plätze aus Belgien, vielleicht mal mit einem Spanier und einem Holländer dazwischen. Gerade weil die da aber so eine Leistungsdichte haben, ist der Munich Supercross für manche Leute auch eine Chance, Punkte für die Weltrangliste bei einem C1-Rennen zu holen.
Dadurch, dass wir eben keine Superstars, sondern rund 20 Fahrer*innen auf ähnlichem Niveau hatten, war das Rennen spannend bis zum Schluss.
Der zweite Punkt sind die Startgelder: Das, was belgische Topfahrer*innen aufrufen, ist bei uns schlicht nicht im Budget, das ist einfach nicht unsere Liga. Aber die Fahrer*innen, die wir hier hatten, haben trotzdem eine super Show geliefert, auch wenn es vielleicht nur die zweite Garde war. Ganz im Gegenteil: Dadurch, dass wir eben keine Superstars, sondern rund 20 Fahrer*innen auf ähnlichem Niveau hatten, war das Rennen spannend bis zum Schluss.
Hat der Aufstieg zu einem C1-Rennen denn etwas am Starter*innenfeld geändert?
Ja, da hat sich auf jeden Fall etwas getan. Wir haben natürlich das Budget für die Startgelder erhöht, aber auch mit Christian Rocha kooperiert, der den EKZ-Cup in der Schweiz veranstaltet. Der hat uns bei der Fahrer*innenakquise unterstützt und wir haben darüber hinaus auch zusammengesessen und geschaut, was wir zusammen machen können. Wir haben so die Zahl der internationalen Starter*innen im Vergleich zu 2018 verdreifacht, zusammen mit der deutschen Elite war das ein super Feld.
Du hast eben gesagt, dass ihr es nicht zwingend nötig habt, weiter zu wachsen. Trotzdem eröffnen sich mit der geplanten Ausweitung des Weltcups von 9 auf 16 Rennen gewisse Möglichkeiten. Habt ihr da schon drüber nachgedacht oder ist das nichts für euch?
Es ist natürlich schon so, dass wir Bestrebungen haben, einen Weltcup oder ein anderes großes internationales Rennen zu machen. Unser Verein hat da ja mit den Weltmeisterschaften 1985 und 1997 eine gewisse Geschichte und der Spirit ist schon noch da. Wir sind aber als Verein mit unserem Budget jetzt aber am Limit angekommen, was wir leisten können und möchten. Deswegen haben wir schon mit der Stadt und dem Olympiapark gesprochen und vorgeschlagen, dass wir die technische Seite übernehmen, aber sich jemand anderes um das Gesamtbudget kümmert. Die Stadt wird als Organisator definitiv nicht einsteigen. Eine Unterstützung über die jetzige Förderung hinaus müssen wir mit einem Vorlauf von 18 Monaten beantragen. Allerdings ist dafür aber bereits ein Konzept für die gesamte Finanzierung erforderlich.
Was die Weltcupreform angeht: Da haben schon Gespräche stattgefunden. Von den 16 Rennen sollen maximal 8 in Belgien stattfinden und der Rest in Großstädten im Ausland. Die Rahmenbedingungen haben wir hier in München, unterm Strich geht es aber einfach um die Kohle, wie immer. Mein Eindruck ist, dass die in Belgien unterschätzen, wo Cyclocross außerhalb ihrer Heimat steht. Das ist hier einfach kein Vergleich zu Belgien, wo das wie Fußball ist. Da zahlen die Leute Eintritt und es gibt bei jedem Rennen VIP-Zelte, die nochmal satt Eintritt kosten. Hier in München sind nur wenige Leute bereit, für Cyclocrossrennen Eintritt zu bezahlen, sodass wir mit viel Glück mit den Eintrittsgeldern vielleicht den dann notwendigen Zaun bezahlen könnten. Das läuft einfach nicht bei uns, wir können hier einfach nicht die gleichen Einnahmen generieren wie ein Rennen in Belgien. Ich glaube, dass es sehr ambitioniert ist, für die nächste Saison acht Ausrichter für Rennen außerhalb von Belgien zu finden.
Generell ist es so, dass allen, die nach München kommen, und sehen, was wir auf die Beine stellen, die Augen aufgehen. Wir haben hier ein Supergelände, das mitten in der Stadt liegt – das ist nicht ein mit Flatterband abgesteckter Zickzackkurs auf der grünen Wiese irgendwo in Belgien. Wir werden also dranbleiben, und weiter nach potentiellen Partnern suchen, die dieses Event mit uns weiter wachsen lassen.
Wir haben hier ein Supergelände, das mitten in der Stadt liegt – das ist nicht ein mit Flatterband abgesteckter Zickzackkurs auf der grünen Wiese irgendwo in Belgien.
Gibt es denn etwas, was du dir wünschen würdest, was es einfacher machen würde, für euch als Verein ein tolles Event auf die Beine zu stellen?
Ja, auf jeden Fall! Wir haben seit Jahren gute Kontakte und zur Stadt und genießen dort auch die maximale unterjährige Unterstützung. Nichtsdestotrotz gibt es bei der Stadt ein Konzept, das festlegt, welche Sportarten für größere Events förderungsfähig sind. Da stehen 25 Sportarten auf einer Liste und Radsport steht da nicht drauf. Der ist nicht mal weit hinten, sondern einfach nicht drauf. Deswegen sind wir sehr glücklich, dass die Stadt mit der unterjährigen Förderung eine Ausnahme macht, aber was Größeres ist schwierig. Das hat natürlich mit der Geschichte des Radsports zu tun, da wird immer noch an Dopingskandale gedacht, was gerade für uns schade ist. Wir decken alles vom Laufrad bis zum Elitelevel ab und wir wissen, dass es wichtig ist, Spitzenfahrer*innen als Vorbilder zu haben, aber gleichzeitig auch den Nachwuchs und die Breite zu haben, um neue Spitzenfahrer*innen zu generieren. Deswegen sind die beiden Aspekte für uns untrennbar, aber wir tun uns schwer, das bei der Stadt durchzubringen und zu erreichen, dass mehr geht als die momentane Förderung. Die Stadt steht hinter uns, der Radsport insgesamt kommt aber ein bisschen kurz.
Vielen Dank für das Interview. Wir freuen uns darauf zu sehen, was in München in Zukunft noch alles passieren wird und drücken die Daumen!
Alle Fotos: Falk Wenzel