Bremsen – Material sowie Fahrtechnik – sind eine Kunst für sich, über die man stundenlang diskutieren und philosophieren kann. Das fängt bei der Wahl der passenden Bremsbeläge an und hört beim Können auf dem Trail auf. Da verliert man schnell den Überblick, welche Parts zu welchem Einsatz und welchen Fahrer*innen passen. MAGURAs #customizeyourbrake Programm macht das Ganze ein wenig komfortabler – dort hat man die Möglichkeit, sich die eigene Bremse zu individualisieren, kombiniert mit verständlichen Erklärungen. Das ist schön und gut, aber wie sieht das in der Praxis aus? Wir haben keinen Geringeren als Jasper Jauch, YouTube Creator und ehemaligen Downhill-Profi, zu seinen Präferenzen in Sachen Bremsen gefragt – und er hat uns gleich noch ein paar Tipps für bessere Skills auf dem Trail mitgegeben.
Jasper, wer bist du und was machst du?
Ich bin Jasper Jauch und ich bin leidenschaftlicher Mountainbiker. Kann man das so nehmen? (lacht)
Man reitet ja gern auf der Vergangenheit rum, wenn man mal so ein prominenter Rennfahrer war, aber bezieht man sich aufs Hier und Jetzt, würde ich mich glaube ich als Mountainbike-Botschafter bezeichnen, der einen eigenen YouTube-Kanal hat, einen Podcast macht und hier und da auch Fahrtechnik-Kurse gibt.
Heute wollen wir uns mit dir über das Thema Bremsen unterhalten, deswegen die erste Frage: Welche Bremse fährst du und warum?
Ich fahre die MAGURA MT7 in unterschiedlichsten Varianten an unterschiedlichsten Fahrrädern. Eigentlich ist es nicht nur das eine Modell, genau darum geht’s ja heute. Aber grundsätzlich ist es entweder die MT7 oder die MT Trail, die eine Kombination aus MT7 und MT8 ist.
Spielt dein Background als ehemaliger Racer eine Rolle bei der Wahl deiner Bremsen?
Ich glaube, dass ich dadurch vielleicht das Glück habe, eine Bremse feinfühliger nutzen oder dosieren zu können und sie deswegen gezielter einsetze. Aber ich glaube das macht keinen Unterschied in der Anforderung an eine Bremse.
Was meinst du: Worauf kommt es an, wie sollte sich eine gute Bremse anfühlen?
Im Idealfall ist eine Bremse nicht digital – also an aus – sondern sie ist feinfühlig dosierbar, sodass man gerade auf rutschigem Untergrund kontrolliert bremsen kann und das Hinterrad nicht anfängt zu blockieren. Gleichzeitig sollte man aber im Notfall genügend Power haben, das Rad schnell zum Stehen zu bringen oder auch mal ein E-Bike in der Spitzkehre umzusetzen.
Am besten variiert man also die Bremsenwahl je nach Bike und Einsatzzweck – eine starke Bremse für E-Bikes wäre am leichten Trail- oder Cross-Country-Bike klar zu viel.
Bei MAGURA kann man sich die eigene Bremse individuell zusammenstellen. Ist dein Set-up auch individualisiert oder gibt es irgendwas, wo du besonders darauf achtest?
Die meisten Bremsen fahre ich tatsächlich individualisiert. Bei MAGURA gibt es drei Bereiche, die man anpassen kann: Performance also Beläge und Scheiben, Ergonomie sprich Bremshebel und das Design.
Ich bin zum Beispiel früher viel MAGURA Performance-Beläge gefahren. Die sind in meinen Augen zwar die besten Beläge, haben aber den kleinen Nachteil, dass sie nicht so eine hohe Verschleiß-Resistenz haben wie die MAGURA Sportbeläge. Die Sport sind minimal reduziert in der Spitze ihrer Kraft, sind aber genau deswegen sehr gut dosierbar und haben eine deutlich längere Haltbarkeit – deswegen fahre ich die mittlerweile lieber.
Außerdem fahre ich an einigen Bikes den HC3-Hebel anstatt dem Standardhebel. Den Standard HC-Hebel fahre ich eigentlich gar nicht, sondern entweder den Carbon HC oder den HC3.
Man braucht eigentlich schon viel technisches Wissen, um erkennen, was eine gute Bremse ausmacht. Was wäre deiner Meinung nach das Erste oder Wichtigste, worauf man achten sollte, wenn man sich eine neue Bremse kauft?
Ich glaube, dass Haptik eine ganz große Rolle spielt, damit man sich sicher an der Bremse fühlt. Oftmals sind Bremsen aus dem Fahrradladen oder aus dem Karton schlecht eingestellt, dementsprechend sollte man sich damit ein wenig beschäftigen. Zum Beispiel die Fingerlänge: Bin ich jemand, der mit der Fingerspitze bremst oder mit dem mittleren Gelenk des Fingers? Über sowas sollte man sich Gedanken machen und die Bremse entsprechend für sich einstellen. Das kann nur die Position des Hebels sein oder wie bei mir ein ergonomischerer Hebel.
Wichtig ist auch der Winkel: Im Stadtverkehr ist das vielleicht nicht so wichtig, aber wenn man mit dem Mountainbike im steilen Gelände unterwegs ist, darf der Hebel auf keinen Fall zu tief nach unten zeigen, denn dann kommt man nicht gut genug an ihn dran. Es gilt also ausprobieren und herausfinden, wie man sich am sichersten fühlt.
Bremsbeläge hattest du schon angesprochen. Das Thema Bremsscheiben wird auch oft vergessen oder unterschätzt. Wie sieht da dein persönlicher Favorit aus?
Da ich an den meisten Bikes die MT7 fahre, bin ich mittlerweile ein Freund von weniger ist mehr geworden – aktuell ist der Trend eher so „wir brauchen mehr Bremskraft“, aber was dabei auf der Strecke bleibt, ist die Dosierbarkeit.
Dementsprechend fahre ich jetzt an einigen Bikes mal 180 mm statt 203-mm-Scheiben, was in Sachen Dosierbarkeit mit der kraftvollen MT7 eine wunderbare Kombination ist. Nur am E-Bike habe ich vorne sogar eine 220-mm-Scheibe, weil die Masse einfach größer ist, die man da bewegt.
Da gibt es eine Faustformel: eine 20 mm größere Scheibe für 10 % mehr Bremskraft. Die Bremsscheibe kann die Power der Bremse also ziemlich beeinflussen.
Wenn man eine neue Bremse hat, soll sie natürlich auch so lange wie möglich halten. Hast du Tipps zum Thema Wartung und Pflege?
Die Grundvoraussetzung ist, dass eine Bremse gut entlüftet ist. Dann hält sie auch lange und du musst relativ wenig dran machen, außer ab und zu checken, ob die Beläge noch gut sind. Sollte das nicht der Fall sein, sollten diese so schnell es geht ausgetauscht werden.
Wenn du aber trotzdem weiter das Gefühl hast, dass die Bremse sich ein wenig schwammig anfühlt, solltest du die Bremse einmal ordentlich entlüften lassen und dann läuft alles wieder rund.
Man kann jetzt die tollste Bremse auf der Welt haben, aber man muss sie auch benutzen können. Hast du ein paar Geheimtipps vom Profi, wie man richtig bremst?
Tatsächlich gibt es leichte Übungen, die man in der Ebene machen kann, die absolut Gold wert sind. Denn sobald du in deinem Unterbewusstsein die Sensibilität deiner Bremse abgespeichert hast – also wie viel Kraft du brauchst, um wie viel zu bremsen – fühlst du dich auf dem Trail viel sicherer, weil du nicht mehr ständig über die Bremse nachdenken musst. Und um dieses Gefühl zu verbessern, gibt es ein paar Tricks.
Wenn du neben dem Rad stehst und das Rad am Lenker festhältst, ziehe die Vorderradbremse, bis das Hinterrad sich anhebt. Dann versuchst du mit dem Rad vorwärts zu gehen und die Bremse so zu lösen, dass das Hinterrad in der Luft immer auf der gleichen Höhe bleibt. Das kann man zuerst auf Asphalt üben und für die Fortgeschrittenen dann auf Schotter.
Das Gleiche kann man auch mit dem Hinterrad machen, indem man versucht das Rad nach vorn zu schieben, ohne dass das Hinterrad blockiert, sondern gerade so bremst.
Auch so simple Übungen wie in verschiedenen Geschwindigkeiten kontrolliert runterbremsen, bis man sich zur Vollbremsung traut, bringen sehr viel. Wenn man sich dann an die Vollbremsung traut, das Gewicht leicht nach hinten verlagern, damit man nicht über den Lenker geht.
Bei solchen kleinen Übungen, die anfangs vielleicht dämlich erscheinen, entwickelt man ein wertvolles Gefühl für die eigene Bremse.
Danke für die Tipps, müssen wir gleich direkt ausprobieren. Aber gibt es vorher noch etwas, was du unbedingt über das MAGURA #customizeyourbrake Programm loswerden willst?
Aussehen ist vielen wichtig – besonders beim Thema Custom spielt das ja eine große Rolle. Und bei MAGURA kann man sich nicht nur die technischen Teile passend zusammenstellen, sondern auch Farben wie zum Beispiel die MAGURA-typischen Augen am Bremssattel. Die Coverplates am Bremshebel kann auch mit eigenen Designs und Farben anpassen, das ist ziemlich cool.
Und der letzte heiße Tipp, weil gerade Winter wird: Damit die Finger beim Bremsen nicht einfrieren, hilft ein Carbon-Hebel. Das ist natürlich kein Garant, dass man immer warme Finger hat, aber es zumindest hat man auf dem Weg zum Trail nicht sofort Eiszapfen an den Händen.
Vielen Dank für deine Zeit, Jasper!