Wie schwach manche Glieder der weltweiten Lieferkette für Fahrradteile sind, haben wir alle in den letzten eineinhalb Jahren zu spüren bekommen. Monatelange Schließungen von Produktionsstätten in Asien, Engpässe bei der Containerfracht und eine drastisch gestiegene Nachfrage nach Fahrrädern und Ersatzteilen haben dazu geführt, dass immer wieder bestimmte Teile fast unmöglich zu bekommen waren. Zum Glück gibt es noch andere Möglichkeiten, schneller zu werden, als neues Equipment zu kaufen. „Carbon statt Kondition“ hilft natürlich immer noch eine Menge. Aber es kann ja nicht schaden, wirklich alle Möglichkeiten zur Verbesserung der eigenen Performance auszuschöpfen.
Hab dein Fahrrad lieb
Ein sauberes Rad ist ein schnelles Rad. Das Knirschen, dass du während der Fahrt hörst, nervt nicht nur tierisch (vor allem, wenn du nicht alleine fährst), sondern klaut auch bei jeder Pedalumdrehung ein bisschen Leistung. Sieh also zu, dass du nach jeder Ausfahrt zumindest den Antrieb putzt. Das gilt ganz besonders, wenn das Fahrrad Wasser abbekommen hat. Zieh wenigstens die Kette durch einen Lappen und verpasse ihr frisches Schmiermittel, wenn das nötig ist. Das hat nicht nur den Vorteil, dass du schneller und leiser unterwegs bist, sondern kann auch die Lebensdauer deines Antriebs dramatisch verlängern. Je besser du pflegst, desto unabhängiger bist du von der aktuellen Versorgungssituation in Sachen Ersatzteile.
Foto:Martin Ohliger
Lass die Luft raus
Die Zeiten, in denen brutal hart aufgepumpte, möglichst schmale Reifen als das Nonplusultra galten, sind vorbei. Bei Mountainbikes hat sich die Erkenntnis schon lange durchgesetzt, dass ein möglichst niedriger Luftdruck bessere Traktion und praktisch keine Nachteile mit sich bringt. Auf der Straße ist die frohe Kunde des niedrigen Luftdrucks noch nicht so weit gekommen – unter anderem deshalb, weil sich ein mit hohem Druck gefahrener Reifen schnell anfühlt. Dein Körper interpretiert die unzähligen, kleinen Schläge, die der Reifen nicht abfedert, irrtümlich als hohe Geschwindigkeit. Wenn du etwas Luft ablässt, kann sich der Reifen besser an Unebenheiten anpassen und fühlt sich langsamer an. Tatsächlich hast du bessere Traktion (gerade in Kurven), deine Muskeln ermüden nicht so schnell, weil sie weniger Schläge abfedern müssen und der Rollwiderstand sinkt. Achte aber darauf, nur so viel Luft abzulassen, dass du keine Angst vor Snakebites zu haben brauchst.
Foto: Martin Ohliger
Spiel mit deiner Federung
Die Rädchen an deiner Federgabel und deinem Dämpfer sind nicht dafür da, um für immer im Werkszustand zu bleiben. Nutzt du wirklich den gesamten Federweg deines Rades? Wenn nicht, dann wird es Zeit, das zu ändern, denn jeder Millimeter ungenutzter Federweg ist totes Gewicht. Dafür brauchst du auch keine Ausbildung als Zweiradmechatroniker*in – es reicht, mithilfe des Gummirings am Dämpfer/Gabelbein nach einer Tour zu checken, welchen Anteil deines Federwegs du genutzt hast. Solltest du noch größere Reserven nach oben haben, dann kannst du getrost ein bisschen Druck ablassen. Hab keine Bedenken, die Empfehlungen der Hersteller (natürlich in einem gewissen Spielraum) auf deine Bedürfnisse hin anzupassen. Sie sind ein guter Ausgangspunkt, aber mehr auch nicht.
Foto: Orbea
Mach dich klein
Komplett integrierte Züge am Rennrad sehen fantastisch aus, sind aber nur dann von Belang, wenn du alles andere schon ausgereizt hast. Den größten Anteil am Luftwiderstand machst immer noch du selber aus und solange du wie ein Kühlschrank im Wind sitzt, brauchst du nicht mal daran zu denken, eine Aero-Kettenblatt (Lieferdatum: in ca. 12 Wochen) anzuschaffen. Die oberste Maxime lautet daher: Mach dich so klein wie möglich. Dein Körper hat gewisse Grenzen, deswegen bringt es selten etwas, auf einen Schlag alle Vorbauspacer zu entfernen, um deinen Oberkörper in eine möglichst tiefe Position zu zwingen. Aber du könntest die Windweste, die nutzlos hinter dir herflattert, zusammenfalten und in deiner Jerseytasche verstauen. Zack, 15 Watt geschenkt! Und wenn du jetzt noch deine Beine rasierst (was tatsächlich einen deutlich messbaren Vorteil bringt), kann dich niemand mehr aufhalten!
Foto: Endura
Konsistenz schlägt Übermotivation
Dein Wochenendritual besteht aus Touren, auf denen du dir so hart einschenkst, dass danach die Treppen hoch zu deiner Wohnungstür eine echte Herausforderung werden. Von Montag bis Freitag musst du dich davon erholen – um dann am Samstagmorgen wieder mit dem Abriss zu starten. Solange du Spaß daran hast, spricht rein gar nichts gegen diesen Rhythmus. Wenn du allerdings langfristig schneller werden möchtest, dann solltest du allerdings überlegen, am Wochenende etwas zurückzustecken und dafür auch unter der Woche dein Rad nicht nur anzuschauen. Deine 20 Stunden im Monat, die du zum Trainieren hast, bringen dich auf 20 einstündige Sessions aufgeteilt weiter als auf zwei epische Touren mit jeweils zehn Stunden.
Foto: Sportful – Chiara Redaschi
Es ist unwahrscheinlich, dass du plötzlich Stundenweltrekorde knackst, nur weil du regelmäßig deine Kette putzt. Aber in der Summe können solche vermeintlichen Kleinigkeiten tatsächlich einiges bewirken – probier es einfach mal aus!