Spätestens seit der Zeitumstellung ist klar: Feierabendrunden sind nur noch etwas für Hartgesottene, die mit Beleuchtung und wetterfester Kleidung der Dunkelheit und dem schlechten Wetter trotzen. Und am Wochenende wartet nicht mehr die Tagestour in kurzer Hose, sondern Nieselregen und einstellige Temperaturen. Wer den Winter nicht auf der Couch verbringen möchte, steigt auf andere Sportarten um – oder fährt einfach im eigenen Wohnzimmer Fahrrad. Egal, ob du nur ein bisschen Bewegung suchst oder aber bei den ersten Runden im Frühjahr allen zeigen möchtest, wo der Frosch die Locken hat: Drinnen Rad zu fahren lohnt sich in jedem Fall auszuprobieren, denn es ist unterhaltsamer denn je. Wir stellen drei verschiedene Setups vor.
Low budget: Deswegen also „Pain Cave“
Ein Trainer mit Magnetbremse kostet um die 150 € – mehr brauchst du nicht bzw. alles andere Zubehör findest du in deinem Haushalt. Ein Handtuch ist Pflicht, um Rad und Boden vor den entstehenden Schweißmengen zu schützen. Du wirst überrascht sein, wie viel du schwitzen kannst, sobald der kühlende Fahrtwind wegfällt. Und auch, wenn du den Trainer im tiefsten Winter in der Nähe eines offenen Fensters aufbaust, wirst du dich nach den ersten intensiveren Minuten über das Handtuch freuen. Das Vorderrad kannst du locker mit einem Buch auf die gleiche Höhe wie dein Hinterrad bringen und schon kann es losgehen. Ohne jede Ablenkung durch Daten oder Bildschirme: Nur du, der Rollentrainer und das Laktat in deinen Beinen. Es heißt nicht von ungefähr „Pain Cave“.
So ein Setup ist unschlagbar im Preis-to-Pain-Verhältnis. Es eignet sich gut, wenn du nur manchmal ein bisschen auf dem Fahrrad sitzen oder dich hin und wieder richtig austoben möchtest. Wenn du nicht allzu große Ansprüche an die dabei zu sammelnden Daten hast, eignet es sich auch für strukturiertes Training. Wichtiger als eine perfekt kalibrierte Leistungsanzeige ist es für deinen Trainingsfortschritt sowieso, regelmäßig den inneren Schweinehund zu überwinden.
Gewisse Kompromisse musst du mit diesem Minimalsetup allerdings eingehen: Der Widerstand ist bei günstigeren Trainern in der Regel nicht stufenlos verstellbar, das Fahrgefühl ist wegen des kleinen Schwungrades nicht einmal ansatzweise wie auf der Straße und die Lautstärke bei höheren Intensitäten kann problematisch für dein Verhältnis zu Nachbar*innen werden. Belanglos hingegen ist der im Vergleich zu Topmodellen oft etwas niedrigere Maximalwiderstand: Um deine Beine komplett zu frittieren, reicht jeder momentan erhältliche Rollentrainer (es sei denn, dein Name beginnt mit „Sim“ und hört mit „on Geschke“ auf).
Mittelklasse: Ein bisschen Zuckerbrot zur Peitsche
Wenn du wirklich die modernen Möglichkeiten des Indoortrainings voll ausschöpfen möchtest, dann kommst du um einen Smart Trainer nicht herum. So ein Gerät ist die Eintrittskarte für Apps wie Zwift, wo du mit anderen in einer virtuellen Welt fährst, anstatt alleine vor dich hin zu schwitzen. Smart Trainer können ihren Widerstand an die Verhältnisse auf dem Bildschirm anpassen, d.h. du musst tatsächlich mehr leisten, wenn es bergauf geht, oder kannst dich erholen, wenn du bergab fährst. Darüber hinaus messen Smart Trainer deine Leistung, was ein wesentlicher Baustein für jedes zielgerichtete Training ist. Auch im mittleren Preissegment wird die Leistung über das Hinterrad übertragen.
Zum Smart Trainer, den es ab ca. 300 € aufwärts gibt, gehört natürlich auch eine App, die ihn steuert. Alle Apps auf dem Markt bieten Testphasen an, sodass du in Ruhe herausfinden kannst, was dich am meisten motiviert: wissenschaftlich durchgeplante Intervalle nach Trainingsplan oder eher unstrukturierte Kämpfe ums virtuelle Bergtrikot. Im Schnitt wirst du zusätzlich eine monatliche Gebühr um 15 € einkalkulieren müssen. Für einen Betrag, der auf einem ähnlichen Level wie die Mitgliedschaft im Fitnessstudio liegt, eröffnest du dir so eine komplett neue Welt. Gerade die Kombination aus einem Smart Trainer und Zwift hat schon viele überzeugt, die vorher nichts von Indoor Cycling wissen wollten.
Weitere lohnenswerte Upgrades sind eine Bodenmatte und ein Ventilator. Auch, wenn in deiner Wohnung kein antikes Stäbchenparkett verlegt ist, freut sich kein Bodenbelag über Schweiß oder verschüttete Getränke. Eine Matte fängt alles auf und dämpft zusätzlich die entstehenden Vibrationen, was den unter dir wohnenden Leuten zugutekommt. Ein Ventilator schließlich sollte Pflicht sein, wenn du halbwegs regelmäßig drinnen Rad fährst.
Luxussegment: Fast schon zu bequem
Im Zusammenhang mit diesen Produkten noch von einer „Pain Cave“ zu sprechen, ist vermessen: Natürlich brennen deine Oberschenkel noch, sobald du richtig reinlatscht, aber alle anderen negativen Begleiterscheinungen nimmst du nur noch sehr gedämpft wahr. Bequemer wird Leiden nicht mehr!
Direct-Drive-Trainer sind die leiseste Bauart und können deine Leistung am exaktesten messen, weil sie nicht über einen (mitunter durchdrehenden) Reifen übertragen wird. Zwar bleibt auch die Lautstärke bei höherwertigen „Wheels on“-Trainern im Rahmen, aber wenn du ohne Kopfhörer Serien schauen möchtest oder deine Nachbarn empfindlich sind, ist Direct Drive alternativlos. Entsprechende Modelle sind zwar immer noch teuer, aber inzwischen gibt es bereits im dreistelligen Eurobereich eine kleine Auswahl an sehr empfehlenswerten Modellen. Spitzenmodelle haben sich inzwischen um die 1200 € eingependelt.
Ein ordentlicher Ventilator ist Gold wert, kann aber auch komplett fehl am Platz sein, wenn er bereits zu Beginn der Session mit voller Kraft bläst und Krach macht. Der Wahoo Headwind passt seine Leistung deiner Herzfrequenz an und liefert so einen Luftstrom, der jederzeit zu deinem Keuchen passt.
Die Grenze von nützlichen Ergänzungen zu lustigen Gadgets wird mit dem Wahoo Kickr Climb eindeutig überschritten. Es kann natürlich sein, dass beim Bergauffahren wegen der Neigung des Rades etwas andere Muskelpartien beansprucht werden. Seien wir aber doch bitte ehrlich: Dieses Gerät soll vor allem Apps mit spielerischen Elementen wie Zwift noch realer erscheinen lassen. Das hat seinen (stolzen) Preis, aber wenn du den Climb einmal ausprobiert hast, wirst du nicht mehr aufhören zu grinsen.
Das Ende der Fahnenstange ist damit aber noch lange nicht erreicht. Wer in seinem Penthouse noch einen Raum frei hat, sollte mal einen Blick auf den Tacx Magnum Plus werfen. Das Laufband, das man gleichermaßen für Jogging und Radfahren benutzen kann, kostet 8500 € und wiegt 150 Kilo.
Geld allein macht auch nicht glücklich – aber irgendwie ist es schon besser, auf einem Direct-Drive-Trainer zu schwitzen als in einer einfachen Pain Cave. Wer Rollentraining fest in seine Winterroutine einbaut, kann das inzwischen leiser, effizienter und unterhaltsamer tun als je zuvor. Wer in Rollentraining ein Mittel zum Zweck sieht und von Daten oder Gewimmel auf dem Bildschirm nur abgelenkt wird, kann sich aber auch mit geringem finanziellen Aufwand komplett abschießen.