DAS eine Mountainbike gibt es schon lange nicht mehr: Von Downhill bis Cross-Country, von Freeride bis Enduro – der Offroad-Radsport lässt sich in unzähligen Spielarten erleben. Doch wozu all diese Unterteilungen? Wir bringen Licht ins Dunkle und beleuchten in diesem Beitrag zwei moderne Bike-Kategorien, die sich durchaus unterscheiden, auch wenn sie einiges gemeinsam haben: Downcountry- vs. Trailbike.
Bikespaß aus zwei Perspektiven
Beiden Kategorien ist eines grundsätzlich gemeinsam: Sie erfinden das Rad nicht neu, sondern erweitern eine bereits bestehende Bikegattung um spezifische Merkmale. Das Trailbike ist sozusagen die leichte Version eines Endurobikes und zollt der Tatsache Tribut, dass Endurobikes je nach Einsatzzweck manchmal doch ein bisschen zu viel des Guten sind – insbesondere zu viel Federweg, zu viel Gewicht und etwas zu abfahrtsorientierte Fahreigenschaften. Die Lösung? Weniger ist mehr! Also: Weniger Federweg, weniger Gewicht und dazu ein strafferes Setup und etwas sportlichere Gene. Es ist sozusagen eine abgespeckte Variante des Endurobikes im Mix mit einer Prise Cross-Country.
Die Downcountry-Idee hingegen rollt die ganze Sache praktisch andersherum auf: Grundlage waren hier recht sportliche, straffe Cross-Country-Racefullys. Die Idee ist es, solchen Bikes bessere Abfahrtseigenschaften und ein spaßorientierteres Handling zu verpassen, ohne jedoch das sportliche Grundsetup zu opfern. Das erreicht man zum Beispiel durch etwas mehr Federweg, ein besonders effizientes Fahrwerk und leichte Anpassungen der Geometrie. Et voila: Heraus kommt ein zwar richtig sportliches, aber dennoch traillastiges Bike mit deutlich mehr Fokus auf Fahrspaß, als eine bierernste Cross-Country-Rennfeile zu bieten hat. Dennoch ergeben solche Bikes auch im Renneinsatz viel Sinn. Du brauchst dir nur aktuelle Rennkurse wie im Worldcup oder zuletzt bei Olympia anzusehen, um zu verstehen, wie viel „Downhill“ heutzutage in einem Cross-Country-Bike stecken muss.
Völlig zurecht fragst du dich nun vielleicht, ob – trotz unterschiedlicher Herangehensweise – unterm Strich nicht ein und dasselbe herauskommt? Ist ein Cross-Countrybike mit Downhillgenen am Ende nicht vielleicht dasselbe wie ein Endurobike im Mix mit einer Portion Cross-Country? Ganz so ist es nicht. Trotz vieler Gemeinsamkeiten gibt es einige grundlegende Unterschiede, die wir im Folgenden am Beispiel von zwei Bikes aus dem Hause Kona aufschlüsseln wollen. Wir vergleichen die Modelle Hei Hei CR (Downcountry) und Kona Process 134 (Trailbike) und schauen auf Gemeinsamkeiten, aber auch auf Unterschiede.
Downcountry- vs. Trailbike: Gemeinsamkeiten
Grob gesagt platzieren sich beide Bikegattungen in allerlei Hinsicht zwischen „Enduro“ und „Cross-Country“. In Sachen Gewicht sind sie irgendwo dazwischen, dasselbe gilt für den Federweg und die Geometrie. In beiden Kategorien kommen leichte Luftfederelemente zum Einsatz und der Rahmen steht bei den meisten Modellen auf 29-Zoll-Laufrädern. In Sachen Ausstattung sind die Übereinstimmungen je nach Modell sogar noch konkreter. So finden sich sowohl an allen Modellen vom Hei Hei CR als auch am Process 134 1×12-Antriebe mit nahezu identischer Abstufung, dazu kommen sehr ähnliche Bremsen-Setups und in beiden Serien finden sich Modelle mit Dropper Posts. Es lässt sich ohne Zweifel sagen: Grundsätzlich liegen beide Modelle nicht weit auseinander. Und doch gibt es Unterschiede. Es sind viele feine Details, für die es sich lohnt, ein wenig genauer hinzuschauen …
Downcountry- vs. Trailbike: Unterschiede
So ähnlich sich die Specs auf den ersten Blick lesen, im Detail gibt es dann doch zahlreiche Unterschiede. Beginnen wir mit dem Rahmen, der entscheidenden Einfluss auf die Fahreigenschaften hat. Schon optisch kommt das Process 134 etwas bulliger daher und dieser Eindruck täuscht nicht. Mit 134 Millimetern Federweg ist er etwas „schluckfreudiger“ als das straffere Hei Hei mit 120 Millimeter Hub. Technisch gesehen ist auch ein Blick auf die Hinterbausysteme beider Bikes interessant: Auf dem Papier arbeiten beide Bikes mit einem abgestützten Eingelenk-Hinterbau. Während das Process 134 aber die gewohnten vier Drehpunkte aufweist, findet man am Hei Hei nur drei davon. Der Grund dafür: Eines der Lager wird durch eine flexende Carbon-Sitzstrebe ersetzt. Das sorgt für ein straffes, aber gleichzeitig effizientes und sehr sensibles Fahrgefühl, während sich der Hinterbau des Process 134 deutlich potenter anfühlt und auch dickere Schläge ohne Murren wegsteckt.
In Sachen Fahrwerk gibt es aber noch weitere Unterschiede. Zwar nutzen beide Bikes leichte Luft-Federelemente, allerdings lässt sich auch hier eine feine Abstufung feststellen. Generell lässt sich sagen: Am Downcountrybike fällt die Wahl in der Regel auf das leichtere, straffere Modell, welches eher der Cross-Country-Pallette der Komponenten-Hersteller entstammt. So steckt im Hei Hei CR eine leichtere RockShox „Sid Ultimate DebonAir“ Federgabel mit 120 Millimeter Federweg. Dagegen bekam das Process 134 CR/DL 29 eine RockShox „Pike Ultimate RC2 Charger 2 DebonAir“ mit 140 Millimeter Federweg verpasst, die in Sachen Federungsperformance deutlich Performance-orientierter ist. Dasselbe Bild am Hinterbau: Ein RockShox Sid Luxe Ultimate im Hei Hei CR ist besonders leicht, der RockShox Super Deluxe Ultimate Trunnion im Process leistungsfähiger im harten Gelände. Genau diese Tendenz lässt sich für den Rest der Ausstattung feststellen: Im Process fällt die Wahl in der Regel auf das nächst gravity-orientiertere Teil, das zwar etwas mehr Gewicht mit sich bringt, dafür aber auch robuster und abfahrtsorientierter ist. So sind zum Beispiel die Reifen dicker und griffiger (2,5 Zoll vs. 2,25 Zoll) und die Bremsscheiben größer (200/180 Millimeter vs. 180/160 Millimeter). Die Kehrseite der Medaille: Mit rund 14 Kilogramm (je nach Ausstattung) gegen rund zwölf Kilogramm ist das Process 134 nicht nur robuster, sondern eben auch schwerer als das Downcountry-Bike Hei Hei CR.
Last but not least deutet auch die Geometrie beider Rahmen darauf hin, dass das Process 134 insgesamt einen Hauch abfahrtslastiger und verspielter ausgelegt ist: Die Kettenstreben sind etwas kürzer (für ein agileres Handling), der Reach ist einen Hauch länger (das Bike somit etwas laufruhiger) und der Lenkwinkel ist mit 66 Grad (vs. 67,5 Grad) spürbar flacher (für Fahrstabilität auch in steilen Passagen). Allein diese Daten sprechen dafür, dass sich das Process 134 im Vergleich zum Hei Hei CR auf anspruchsvollen Abfahrten insgesamt wohler fühlt.
Für wen ist ein Downcountry-Bike wie das Hei Hei CR?
öllig zurecht steckt das „Down“ wie Downhill in der Bezeichnung der Bikekategorie Downcountry: Bikes wie das Kona Hei Hei CR haben erstaunlich gute Abfahrtseigenschaften zu bieten! Auf der anderen Seite ist Konas Hei Hei CR wahnsinnig effizient und kommt nicht umsonst in so machem Cross-Country-Rennen zum Einsatz
Wenn du Cross-Country liebst, dir die typischen XC-Fullys aber irgendwie zu „zahm“ erscheinen, dann lohnt ein Blick in die Kategorie Downcountry. Hier bekommst du deutlich bessere Abfahrtseigenschaften, kombiniert mit einem renntauglichen Fahrwerk und möglichst geringem Gewicht. Gerade für moderne, anspruchsvolle Cross-Country-Rennstrecken ist Downcountry eine logische Weiterentwicklung, denn damit bist du auch auf richtig fordernden Kursen sicher unterwegs. Und natürlich kannst du auch einfach so, ganz ohne Rennen, im Trail-/Enduroeinsatz jede Menge Spaß auf einem Downcountry-Bike haben. Interessanter Weise haben auch viele gestandene Downhill- und Endurofahrer*Innen richtig viel Spaß auf dieser neuen Bikekategorie, die top Fahreigenschaften mit höchster Effizienz paart. Für sportliche „Vollgas-Touren“ auf den heimischen Singletrails ist so ein Bike eine absolut denkbare Alternative zu den insgesamt etwas behäbigeren Trailbikes.
Für wen ist ein Trailbike wie das Process 134?
Keine Frage: Auch ein Trailbike wie das Process 134 von Kona eignet sich hervorragend, um damit effizient und schnell die Jagd auf Bestzeiten zu eröffnen Der Fokus bei einem Trailbike wie dem Process 134 liegt jedoch mehr auf anspruchsvollen, langen Trails. Auf Wurzel- oder Steinfeldern und langen, alpinen Abfahrten fühlt es sich besonders wohl.
Wenn dein Fokus nicht auf Höchstgeschwindigkeit in der Ebene und am Berg liegt, sondern du vor allem maximalen Spaß auf technischen Trails und Abfahrten genießen und dich zudem auf etwas robustere Parts verlassen möchtest, dann ist ein Trailbike wie das Process 134 von Kona für dich genau richtig. Es ist ganz sicher ein wenig behäbiger und etwas schwerer, dafür verzeiht es auch mal eine gröbere Fahrweise und macht selbst auf richtig anspruchsvollen, alpinen Endurotrails eine gute Figur. Übrigens: Wenn es noch einen Hauch agiler sein darf, gibt es das Process 134 von Kona wahlweise auch mit 27,5-Zoll-Laufrädern.
Fazit
Es ist absolut erstaunlich, welche technischen Möglichkeiten moderne Bikes zu bieten haben. Das gilt insbesondere für die Kategorien Trail- und Downcountrybike. Diese Bikes sind superleicht und doch unglaublich leistungsfähig. Die Unterschiede liegen im Detail und am Ende entscheiden die eigenen Vorlieben und der persönliche Fahrstil, welche Art von Bike für dich perfekt ist. Beim Downcountrybike liegt der Fokus auf einem geringen Gewicht, maximaler Effizient und dem perfekten Mix aus Cross-Countryeigenschaften und trotzdem gutem Handling auch auf anspruchsvollen Trails. Wenn du Typ „Vollgas“ bist und immer alles aus dir und deinem Bike herausholen möchtest, dann ist ein Downcountrybike wie das Kona Hei Hei CR genau richtig für dich.
Trailbikes hingegen sind insgesamt eine Nummer robuster und alles ist darauf ausgelegt, vor allem auf fordernden Trails ideale Fahreigenschaften zu bieten. Dennoch sind diese Bike leicht und effizient genug für ausdauernde Touren und den ein oder anderen Zwischensprint. Wenn du Typ „Flowrider“ bist und zwar gerne mal richtig in die Pedale trittst, dir aber unterm Strich der Fahrspaß am wichtigsten ist, dann ist ein Trailbike wie das Process 134 CR von Kona genau dein Ding.