Wenn wir uns ein Bild vom klassischen Bikepacking malen, dann lodert da ein Feuer, wir sind mitten in der Natur und irgendwo steht da noch ein Zelt. Und auch wenn wir an die Tage mit dicken Packtaschen am Gepäckträger zurückdenken, gehörte zu jeder Radreise ein Zelt dazu. Aber obwohl dieses System in den letzten Jahren viele Fortschritte in Sachen Gewicht und Packmaß erfahren hat, gibt es auch einen gegensätzlichen Trend: die Hängematte. Auch sie hat über die letzten Jahre einige Innovationen erlebt und wird heute von immer mehr Menschen als attraktive Alternative zum Zelt genutzt. Hier erfährst du alles Wichtige zum Bikepacking mit Hängematte inklusive Tipps und Tricks, damit deine erste Nacht gelingt.
Vorteile der Hängematte
Beim Vergleich der beiden Bikepacking Schlafsysteme Hängematte und Zelt lassen sich einige klare Vorteile für die Hängematte erkennen.
Gewicht
Besonders wichtig ist für viele nicht nur beim Fahrrad selbst, sondern auch bei der Ausrüstung, das Gewicht. Die Hängematte kommt (je nach Modell) auf ein Gewicht von circa 300 Gramm und weniger. Hinzu kommen allerdings noch die Baumgurte, welche nicht ganz 200 Gramm wiegen. Zusammen beträgt das Gewicht also nur 500 Gramm. Ein ultraleichtes Zelt für eine Person wiegt hingegen um die 1.000 Gramm, also ziemlich genau das Doppelte. Selbst, wenn wir ein Tarp zum Regenschutz dazu nehmen (welches auch einfach durch eine Schutzhütte ersetzt werden kann) kommt am Ende ein Gesamtgewicht von nur etwa 800 Gramm heraus.
Packmaß
Auch beim Packmaß liefert die Hängematte einen klaren Vorteil. Sie braucht weder Stangen noch Heringe und passt zur Not sogar in die Trikottasche, auf die Bikepacking-Satteltasche oder in die Frame-Bag. Ein Zelt hingegen ist in den meisten Fällen wesentlich unhandlicher und voluminöser.
Anschaffungspreis
Bereits ab etwa 25 Euro lassen sich Hängematten fürs Bikepacking bekommen. Selbst für hochwertige und extraleichte Modelle mit Insektenschutz musst du nicht mehr als 70 Euro ausgeben. Passende Baumgurte bekommst du schon für 20 Euro, womit das Setup maximal 90 Euro deines Budgets verschlingt. Für ein leichtes Einpersonen-Zelt musst du in der Regel ein Vielfaches hinlegen.
Unabhängigkeit vom Untergrund
Während du beim Zeltaufbau immer auf die Untergrundbeschaffenheit achten musst, spielt das beim Hängematten-Camping überhaupt keine Rolle. Spitze Steine, unebene Stellen, Feuchtigkeit sowie Ameisenhaufen sind völlig irrelevant. Natürlich nur, sofern du zwei Bäume oder Balken findest, die im richtigen Abstand zueinander stehen. Die Höhe der Hängematte ist aber nicht nur für das Schlafen super, auch zum bequemen Essen, lesen und einfach ausruhen kannst du eine Hängematte nutzen, wenn du dich hineinsetzt.
Auf- und Abbauzeit
Einmal geübt, beträgt die Aufbauzeit für dein Hängematten-Setup maximal fünf Minuten inklusive einräumen mit Isomatte und Schlafsack. Du musst lediglich die Gurte um den Baum schnallen, die Karabinerhaken einklicken und schon hängt die Hängematte und ist einsatzbereit.
Auswahl der richtigen Hängematte zum Schlafen
Sicher lagst du auch schon mal in irgendeiner Hängematte aus buntem Stoff oder ähnlichem, einer sogenannten Tuch-Hängematte. Dass sich dieses dicke Material nicht so gut fürs Bikepacking eignet, ist das eine. Zum anderen aber eignet sich die meistens verwendete Baumwolle sowie die Form dieser Hängematten auch nicht sonderlich gut, um darin zu schlafen. Daher hat sich über die Jahre Nylon beziehungsweise Fallschirm-Seide als Material für Hängematten zum Schlafen etabliert. Diese Materialien passen sich deinem Körper viel besser an, sind um ein Vielfaches leichter und kratzen nicht auf der Haut. Außerdem sind sie natürlich sehr stabil und tragen ein Gesamtgewicht von bis zu 140 Kilogramm.
Bei der Auswahl für deine Bikepacking-Hängematte solltest du neben dem richtigen Material auch auf ein Moskitonetz achten. Zwar wirst du es nicht in jeder Nacht brauchen, aber es kann unersetzlich sein. Besonders auf mehrtägigen Bikepacking-Touren, auf denen du nicht genau abschätzen kannst, wo du schläfst, wird dir ein Insektennetz helfen. Falls du es gar nicht benötigst, kannst du es auch einfach umklappen oder offen lassen.
Wärmeregulierung der Hängematte
Besonders wichtig beim Hängematten-Camping, egal ob beim Bikepacking oder im eigenen Garten, ist die Wärmeanpassung des Setups. So sicher wie man mit Klickpedalen bei der Eingewöhnung mal umkippt, so sicher ist das Frieren in der Hängematte zu Beginn. Denn obwohl die Vermutung nahe liegt, dass ein gut gefütterter Schlafsack zur Wärmung von unten reichen könnte, funktioniert es am Ende so überhaupt nicht. Da wir durch unseren Körper Druck auf den Schlafsack ausüben, werden die Luftkammern in seinem Inneren zerquetscht und es bildet sich unter der Hängematte eine Kältebrücke. Wenn die Temperaturen unter 18 Grad fallen (was auch im Hochsommer nachts häufig der Fall sein kann) wird es kalt und richtig ungemütlich. Noch schlimmer wird das ganze bei Wind.
Zur Thermoregulierung kannst du beim Hängematten-Camping daher auf eine Isomatte oder einen Underquilt zurückgreifen. Dafür eignet sich eigentlich fast jede Isomatte, die es auf dem Markt gibt. (Hier findest du eine Auswahl an Isomatten und Luftmatratzen.) Manche benutzen sogar nur eine Dreiviertel-Isomatte. Ein Underquilt ist eine Art Schlafsack, der an den Seiten und Enden offen ist und von unten an der Hängematte befestigt wird. Je nach Isomatte und Underquilt kannst du so locker bis null Grad draußen schlafen.
Oft hören wir von Menschen, die schon mal in einer Hängematte lagen, aber an Schlaf nicht denken konnten, weil nichts so richtig passte. Ein paar Dinge gibt es beim Aufbau und Schlafen in einer Hängematte zu beachten, damit deine erste Nacht auch wirklich geruhsam wird.
Abstand zwischen Pfeilern
Ob zwei Bäume, Torpfosten oder zwei Stangen am Klettergerüst, eine Hängematte lässt sich fast überall aufspannen, sofern der Abstand zwischen den Pfeilern groß genug ist. Der geeignete Abstand hängt von der Länge deiner Gurte, der Hängematte und dem Durchmesser der Stützen ab. Im Idealfall sind deine beiden Pfosten ungefähr vier bis sechs Meter voneinander entfernt. Über die Zeit wirst du einen Blick für den richtigen Abstand entwickeln.
Höhe
Damit der Einstieg leicht ist, du aber dennoch nicht mit dem Gesäß auf dem Boden schleifst, solltest du eine geeignete Höhe der Hängematte finden. In den meisten Fällen ist die optimale Höhe ungefähr dann gegeben, wenn du die Baumgurte stehend knapp unter deinem Kopf (auf Augenhöhe) um den Pfeiler legst. Das scheint vielleicht am Anfang etwas hoch, allerdings dehnt sich das Material von Schlafhängematten oft sehr stark, sodass du nach unten sinkst, sobald du dich hineinsetzt. Falls es dennoch zu hoch ist, lässt es sich einfacher nach unten korrigieren als nach oben.
Spannung
Weder zu straff noch zu locker sollte deine Hängematte aufgespannt werden. In den meisten Fällen klickst du einfach die Karabinerhaken durch eine Lasche der Gurte und zwar so, dass es dich minimal Kraft kostet. Du solltest also weder zu sehr an beiden Seiten ziehen, noch eine stark durchhängende Hängematte vor dir sehen. Die Gurte sollten ganz grob einen Winkel von 30 bis 45 Grad haben. Zur „Messung“ kannst du deinen gespreizten Daumen und Zeigefinger nutzen.
Überdachung
Wenn du in der Nacht Regen erwartest oder auf Nummer sicher gehen willst, kannst du entweder ein Tarp über deine Hängematte spannen oder dir eine geeignete Schutzhütte beziehungsweise ähnliches suchen. Manchmal sind auch Spielplätze oder sogar Bushaltestellen geeignet.
Einsteigen
Bevor du in die Hängematte steigst, vergiss nicht, die Schuhe auszuziehen. Stell dich mit dem Rücken an die Hängematte und zieh sie mit deinen Armen nach unten, bis du dich auf den Stoff setzen kannst. Nun legst du dich einfach hinein und versuchst durch leichtes Hin- und Herrutschen deine Position in der Mitte der Hängematte auszurichten.
Schlafen
Für das Schlafen legst du dich nicht „gerade“ wie eine Banane in die Hängematte, sondern diagonal. Damit spannst du die Hängematte unter dir wie ein Tuch auf. Du kannst auf der Seite oder dem Rücken schlafen. Geübte Hängemattenschläfer*innen finden es sogar auf dem Bauch liegend sehr bequem. So oder so musst du dich vermutlich erst einmal an die neue Schlafsituation gewöhnen. Gib dir und der Hängematte ein paar Nächte Zeit. Vielleicht schläfst du zuerst auf dem Balkon oder im Garten, um dich entspannt an das Hammock-Camping heranzutasten.
Bikepacking heißt draußen in der Natur unter freiem Himmel zu schlafen. Mit einer Hängematte bekommst du im Vergleich zu einem Zelt einige Vorteile wie Gewicht, Packmaß und Anschaffungspreis. Wichtig ist aber, dass du bei der Nutzung einer Hängematte fürs Bikepacking auf einige Faktoren wie Klima, Aufbau und Nutzung achtest. Vielleicht benötigst du sogar ein paar Nächte, um dich an das neue Draußen-Schlafen zu gewöhnen. Wir können dir aber aus eigener Erfahrung sagen: Es lohnt sich!